Porträt - Der reaktionäre Steve Bannon ist ein mächtiger Strippenzieher im Weißen Haus / "Ich will alles zum Einsturz bringen und das Establishment zerstören"

Leninistischer Berater mit Hang zur Finsternis

Von 
Jens Schmitz
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Washington. "Finsternis ist gut", hat Steve Bannon (Bild) im November erklärt. "Dick Cheney. Darth Vader. Satan. Das ist Macht." Der Chefstratege des neuen US-Präsidenten hat diese Sätze dem "Hollywood Reporter" gesagt, als er seinen neuen Posten schon hatte. Nach den ersten Regierungstagen halten ihn viele für den eigentlichen Drahtzieher im Weißen Haus: Der 63-Jährige nimmt selten ein Blatt vor den Mund. "Wir müssen die republikanische Partei schlagen wie eine Zicke", erklärte er 2010. Später zitierte ihn ein Reporter der Website "Daily Beast" mit den Worten, er sei Leninist. "Lenin wollte den Staat zerstören, und das ist auch mein Ziel. Ich will alles zum Einsturz bringen und das komplette heutige Establishment zerstören."

Bannon ist als Chef der ultrakonservativen Website "Breitbart News" bekannt geworden, der Kritiker Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Antisemitismus vorwerfen. 2016 legte er seinen Job auf Eis und wurde zu einem der einflussreichsten Wahlkampfhelfer von Donald Trump. Seit dessen Sieg hagelt es präsidentielle Verfügungen, die übereinstimmenden Berichten zufolge nicht von den zuständigen Experten erarbeitet wurden, sondern großenteils von Bannon.

Stephen Kevin "Steve" Bannon wurde am 27. November 1953 in Norfolk im Bundesstaat Virginia in eine Arbeiterfamilie mit irisch-katholischen Wurzeln geboren. Er erwarb zunächst an der Hochschule Virginia Tech einen Stadtplanungs-Bachelor, dann an den Elite-Instituten Georgetown University und Harvard Masters-Abschlüsse in National Security Studies und Betriebswirtschaft. Es folgten Jahre als Offizier bei der Navy und als Investmentbanker bei der Großbank Goldman Sachs. 1990 gründete Bannon zusammen mit Kollegen sein eigenes Finanzinstitut, Bannon & Co. Nach dem Verkauf und einem kurzen Abstecher zum Space- und Klimaforschungsprojekt Biosphere2 verschlug es ihn in den Film- und Medienbereich. Der Websiten-Betreiber Andrew Breitbart nannte ihn die Leni Riefenstahl der Tea-Party-Bewegung. Nach Breitbarts Tod übernahm Bannon den Vorsitz bei dessen Kampfmedium.

Bannon hat Breitbart als "Plattform der Alt-Right-Bewegung" bezeichnet. Rassistisches Gedankengut streitet er ab, doch der Ausdruck beschreibt eine Strömung des weißen Nationalismus. Der ehemalige Ku-Klux-Klan-Führer David Duke nannte Bannons Berufung ins Team Trump exzellent. Mit den Republikanern zeichnen sich Konflikte vor allem in der Finanzpolitik ab: Bannon hat bereits klar gemacht, dass ihn außer Arbeitsplätzen wenig interessiert; die derzeitige Niedrigzinsphase sei ideal für massive Investitionen. Gerade die Tea-Party-Bewegung hat sich freilich bislang durch eisernen Sparwillen definiert.

Ob Bannon, wie von Trump geplant, wirklich in den Nationalen Sicherheitsrat einziehen kann, ist derzeit fraglich. Ein Journalist grub diese Woche eine Verordnung aus, wonach Personen, die nicht Präsident, Vizepräsident oder Minister sind, womöglich vom Senat bestätigt werden müssen, bevor sie in das Gremium einziehen können. Wenn die Juristen des Weißen Hauses keinen Ausweg finden, ist es gut möglich, dass Bannon im Sicherheitsrat einen Rückzieher macht. Bild: Epa

Korrespondent

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