Al-asrak/incirlik. Jordanien ist für Berlin die logische Wahl. Wenn die rund 260 Bundeswehr-Soldaten mit ihren "Tornado"-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug aus dem türkischen Incirlik in das Haschemiten-Reich ziehen und sich in Al-Asrak - einem der drei Luftwaffenstützpunkte nahe der Südgrenze zu Syrien - einrichten, dann finden sie eine relativ stabile Lage vor. Trotz blutigster Auseinandersetzungen in der Region. Zudem herrscht in der Hauptstadt Amman einer der pro-westlichsten Führer. Die Stationierung der deutschen Soldaten stärkt entscheidend die wirtschaftlich bereits engen Beziehungen zwischen beiden Ländern nun auch militärisch im Kampf gegen radikal-islamistischen Terror.
Aufnahme vieler Flüchtlinge
Schon lange galt das kleine, rohstoffarme Reich mit 7,5 Millionen Einwohnern - davon etwa die Hälfte Palästinenser - als eine Art von "Stoßdämpfer", an dem blutige Konflikte der Region abprallten. König Abdullah gelang es, diese Rolle zu perfektionieren, nachdem schon sein Vater Hunderttausende Flüchtlinge aus Palästina, dem Libanon, Libyen und dem Irak aufgenommen hatte. Ungeachtet der eigenen sozialen und wirtschaftlichen Probleme hält Abdullah seit 2011 die Tore des Königreiches für mehr als eine Million geflüchtete Syrer offen.
Die damit verbundene soziale Belastung, wie auch die stetig wachsende Gefahr eines Überschwappens islamistischen Radikalismus aus Syrien in das konservativ-gemäßigte Königreich verstand der Monarch mit eindrucksvollem Geschick und dank der schlagkräftigsten Elite- und Anti-Terroreinheiten der Region zu bannen.
Geachteter Abdullah
Ungeachtet einer wachsenden Sympathie in der sunnitischen Mehrheitsbevölkerung mit dem radikal-salafistischen Gedankengut - an die 2000 Jordanier schlossen sich der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak an - blieb das politische System Jordaniens stabil und der König weithin geachtet. Nicht zuletzt, weil er es versteht, sein Land zu einem unentbehrlichen Partner für alle jene in der Region und in der restlichen Welt aufzubauen, die ein Ende der Gewalt anstreben.
Diese Rolle Jordaniens gewinnt zunehmend an Bedeutung. Seit der Rückeroberung Aleppos durch das Assad-Regime Ende des Vorjahres verlagert sich der Stellvertreter-Krieg in die teilweise von IS-Kämpfern kontrollierten Gebiete der südsyrische Badia-Wüste und rückt immer bedrohlicher an Jordaniens Grenzen. Hier wächst die Gefahr einer direkten Konfrontation zwischen amerikanischen und syrischen Streitkräften. Diese wehren sich gegen die vermeintliche Absicht Washingtons, in Badia eine dauerhafte Präsenz einzurichten.
Zugleich droht Süd-Syrien im blutigen Chaos zu versinken, wenn flüchtende Kämpfer des Islamischen Staats nach dem wohl baldigen Fall ihrer irakischen und syrischen Hochburgen Mossul und Rakka dorthin flüchten. Ob Abdullah dann aber noch die Landesgrenzen kontrollieren kann?
So versucht sich der Monarch nun als Vermittler, um die Kooperation der USA für die jüngst von Russland, dem Iran und der Türkei vereinbarten De-Eskalationszonen in Syrien - als erstes für Badia - zu gewinnen. Dafür braucht er dringend verstärktes Engagement Deutschlands und der Europäischen Union. um den politischen Prozess zu retten, bevor das Land unwiederbringlich im totalen Chaos versinkt und die Nachbarn mit sich reißt. Die Erhaltung der Stabilität Jordaniens besitzt auch für die Europäische Union zentrale Bedeutung.
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