Tel Aviv. Von Entspannung kann keine Rede sein: Die Nacht auf Sonntag war eine der heftigsten seit Beginn der militärischen Auseinandersetzung zwischen Israel und Gaza. Die Terrorgruppen Hamas und Islamischer Dschihad feuerten laut israelischen Angaben mehr als 130 Raketen auf israelisches Gebiet, viele davon in den Großraum Tel Aviv.
Ein Raketeneinschlag in einem Tel Aviver Vorort hatte am Samstag ein weiteres Todesopfer gefordert. Der getötete Israeli hatte keinen Luftschutzraum, ein Raketensplitter bohrte sich laut israelischen Medien durch die Tür seiner Wohnung und verwundete ihn tödlich.
Israel griff in der Nacht weitere Ziele in Gaza an, darunter auch die Häuser von Hamas-Führer Jihia al-Sinwar und seinem Bruder Mohammed. Zudem wurde das Tunnelnetzwerk der Hamas namens „Metro“ erneut beschossen. Das alles klingt nicht nach baldiger Waffenruhe. Genau darauf drängt aber die internationale Gemeinschaft.
Der UN-Sicherheitsrat widmete sich am Sonntag dem Konflikt. Am Dienstag kommen die EU-Außenminister zu einer Krisensitzung zusammen, kündigte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell an.
USA wollen vermitteln
Am nächsten dran an der Vermittlung einer Waffenruhe schienen bislang Ägypten, die USA und Russland zu sein. Mehrere Quellen berichten, dass es noch diese Woche eine Einigung geben könnte. Laut dem Newsportal „Walla“ gehe es Israel darum, bis zu einer Waffenruhe möglichst viel an militärischer Infrastruktur im Gazastreifen zu zerstören. Laut dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wird der Einsatz gegen die Hamas „so lange wie nötig weitergehen“.
Die USA intensivieren allerdings ihre Bemühungen um eine Waffenruhe. Der neue Nahost-Abgesandte, Hady Amr, traf am Sonntag in Israel mit Verteidigungsminister Benny Gantz zusammen. Am Samstag hatte US-Präsident Joe Biden mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas telefoniert. Biden telefonierte auch mit Netanjahu, wobei er seine Besorgnis wegen der Bombardierung von Nachrichtenredaktionen erklärt haben soll. Die israelische Armee hatte am Samstag ein Hochhaus in Gaza beschossen, in dem auch die Büros des TV-Senders Al-Jazeera und der Nachrichtenagentur AP untergebracht waren. Die Redaktionen waren vorgewarnt worden.
Es ist die zweite Handlung, die das Verhältnis zur Presse trübt. Tage zuvor hatte eine Falschmeldung über eine Bodenoffensive für Aufregung gesorgt. Medien hatten darüber nach einer Verlautbarung eines Armeesprechers berichtet. Später war von „Misskommunikation“ die Rede. Es gilt als mindestens ebenso wahrscheinlich, dass die Meldung gestreut wurde, um die Hamas-Führer in jenes Tunnelnetzwerk zu locken, das später bombardiert wurde.
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