Berlin. Millionen von Haushalten in Deutschland fragen sich, was sie in Zukunft mit ihren Öl- und Gasheizungen machen. Jetzt werden die Pläne der Ampel-Koalition zum Austausch klarer – doch vieles ist weiter offen: Das betrifft etwa die staatliche Förderung, Ausnahmen oder Übergangsfristen. Generell gilt: Nach dem 1. Januar 2024 müssen neu eingebaute Heizungen mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Einen Zwang zum sofortigen Austausch gibt es nicht. Wo es noch hakt, wo es Widersprüche gibt:
Wie gerecht ist die Altersgrenze von 80 Jahren?
Auf den ersten Blick klingt es plausibel: Wer im hohen Alter noch im eigenen Haus wohnt, überlegt sich unter Umständen dreimal, ob sich eine teure Investition in Zukunftstechnologie persönlich noch lohnt. Besonders dann, wenn auch das Haus selbst bereits in die Jahre gekommen ist und der Umbauaufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen steht.
Die Ampel-Koalition hat deswegen festgelegt, dass für Eigentümer, die über 80 Jahre alt sind, die Pflicht zum Umstellen der Heizung auf Erneuerbare Energien entfällt. Geht ihre bisherige Öl- oder Gasheizung kaputt, kann sie wieder durch eine herkömmliche Heizung ersetzt werden. Aber: Wird das Haus vererbt oder verkauft, soll das neue Recht greifen – allerdings auch mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren.
Die Unionsfraktion hat erhebliche Zweifel an der Rechtssicherheit der Regelungen: Mit Blick auf die Ausnahmen für über 80-jährige Eigentümer sagt der rechtspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Günter Krings: „Das Heizungsverbot der Ampel wird immer bizarrer, je mehr von den Plänen bekannt wird.“ Die Frage sei, warum etwas für einen End-Siebziger zumutbar sein solle, das für den 80-jährigen unzumutbar sei. Unberücksichtigt blieben hier die wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Frage, ob ein Hauseigentümer krank oder pflegebedürftig sei. „Eine solch starre Grenze nur nach dem Geburtsjahr kann daher eine Altersdiskriminierung zu Lasten der Jüngeren darstellen, die sowohl das Grundgesetz als auch das Europarecht grundsätzlich ausschließt“, so Krings gegenüber dieser Redaktion.
Was passiert, wenn die Heizung kaputt geht?
Bestehende Gas- und Ölheizungen sollen weiter genutzt und repariert werden können. Allerdings nur unter der Bedingung, dass Immobilienbesitzer länger als 20 Jahre in ihrem eigenen Haus wohnen. Für Einzüge nach 2002 greift die Austauschpflicht für alte Gas- und Ölheizungen nach 30 Jahren. Und wenn die Heizung vorher kaputtgeht? Dann soll nach den Plänen der Ampel-Koalition für ein neues Heizungsgesetz eine Übergangsfrist greifen. Aber hier gibt es noch Klärungsbedarf: Die Grünen sprechen von drei und die Liberalen von zehn Jahren.
Im Rahmen der Frist kann erst einmal eine neue Gas- oder Ölheizung eingebaut werden – doch dann tickt die Uhr. Innerhalb der Frist muss diese Heizung entweder gegen eine regenerative Heizungstechnik getauscht oder auf eine Hybridheizung umgerüstet werden. Bedeutet: Der Eigentümer mit einer kaputten Gas- oder Ölheizung zahlt zweimal. Einmal für die neue Ersatzheizung und im zweiten Schritt für die klimafreundliche Heizung oder die Umrüstung. Allein für die Ersatzheizung fallen je nach Modell zwischen 7000 und 10 000 Euro an.
Was kostet der Austausch?
Die Wärmepumpe beginnt ab 15 000 und für eine Solarthermieanlage werden rund 10 000 Euro fällig. Noch teuer ist die Brennstoffzellentechnik – hier geht es ab 30 000 Euro los. Nicht ratsam dürfte es sein, nach einem Defekt der alten Anlage zunächst in eine monotone Ersatzheizung für eine Frist von drei oder zehn Jahren zu investieren. Dann ist die Investition in eine regenerative Anlage wohl von vornherein sinnvoller. Hier kommen aber schon die nächsten Probleme auf die Verbraucher zu: Ist eine regenerative Anlage innerhalb der zeitlichen Frist mit Blick auf den Mangel an Fachkräften oder auch die Produktionskapazitäten überhaupt realistisch? Genügen die von der Ampel-Koalition bisher nur angekündigten Förderungen? Fest steht: Bisher gibt die Politik mehr Fragen auf als Antworten.
Wie wird der Umbau gefördert?
Es ist von einer „Abwrackprämie“ für alte Heizungsanlagen die Rede. Gestaffelt nach dem Alter der Anlagen sollen Hausbesitzer beim Einbau einer neuen Heizung einen Zuschuss erhalten, heißt es aus dem Bundesfinanzministerium. So sollten zusätzliche Anreize gesetzt werden, auf klimafreundlichere Modelle umzusteigen. Der Staat unterstützt bereits den Austausch einer Ölheizung oder die Installation einer Wärmepumpe. Nun will die Regierung noch einmal nachlegen, die Details der Förderung müssen innerhalb der Koalition allerdings noch geklärt werden.
Vor allem SPD und Grüne betonten in den vergangenen Wochen, dass niemand mit teils hohen Kosten allein gelassen werden solle. Wer eine Villa für zehn Millionen Euro saniere, dem könnten auch die Kosten für den Einbau einer Wärmepumpe zugemutet werden, sagte etwa Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kürzlich. In welche Richtung das Fördermodell gehen könnte, beschrieb Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“: „Die Staffelung könnte sich daran orientieren, wie alt und schmutzig die Heizung ist, die erneuert werden soll.“ Oft hätten Menschen mit weniger Geld auch ältere Heizungen. „Insofern ist damit eine soziale Komponente verbunden“, so der FDP-Chef. Über die Höhe des neuen Fördertopfes machte Lindner noch keine konkreten Angaben. Zwar werde das Förderprogramm „beachtlich“ sein, Lindner warnte jedoch zugleich vor zu hohen Erwartungen.
Was kommt auf Mieter zu?
In erster Linie müssen sich nun Hausbesitzer fragen, welche Kosten für Eigenheim oder vermietetes Objekt auf sie zukommen. Aber auch an Mietern dürften die Beschlüsse der Koalition nicht unbemerkt vorübergehen: Denn Vermieter können zwar nicht Reparaturen, aber Sanierungskosten wie für den Einbau einer moderneren Heizung mit einem höheren Standard zumindest zum Teil auf ihre Mieter umlegen. In der Praxis heißt das: die Miete steigt. Bisher können Vermieter bis zu acht Prozent der Sanierungskosten jährlich auf die Miete draufschlagen. Konkrete Kosten lassen sich also nicht vorhersagen, da sie von vielen Faktoren abhängen. Die Koalition betont jedoch ausdrücklich, dass „unbillige Härten“ auch für Mieterinnen und Mieter vermieden werden sollten.
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