Sicherheitskonferenz - Vor dem Szenario eines neuen atomaren Wettrüstens rücken die Mitglieder des Verteidigungsbündnisses zusammen / Kritik an Russland

„Die Nato ist wichtiger als je zuvor“

Von 
Ralf Müller
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Ursula von der Leyen (CDU) gestern zu Beginn der Sicherheitskonferenz. © dpa

München. Angesichts der vielfältigen Bedrohungen rücken die Europäer zusammen. Diesen Eindruck jedenfalls versuchten die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihr britischer Amtskollege Gavin Williamson zu Beginn der Münchener Sicherheitskonferenz gestern zu vermitteln. Die Konferenz startete mit einer Diskussion, die man vor fast 30 Jahren schon zu den Akten legen wollte: mit dem Ost-West-Konflikt.

„Ein alter Gegner ist zurück“, verkündete der britische Verteidigungsminister und zeichnete ein abstoßendes Bild von Russland. Dessen Verhalten sei rücksichtlos, zeichne sich durch Geringschätzung gegenüber der Souveränität anderer aus und arbeite mit Cyberattacken und Desinformationskampagnen. Den INF-Vertrag über die Stationierung von Mittelstreckenraketen verletze Putins Reich „ganz klar“.

Deutsch-britische Brüderschaft

Sitzungsleiter Wolfgang Ischinger hatte die Verteidigungsminister Deutschlands und Britanniens in einem Diskussionspanel zusammengespannt, um zu zeigen, dass Europa sich nicht auflöse. Williamson versicherte denn auch, dass man trotz des EU-Ausstiegs klar zur Nato stehe: „Die Nato ist wichtiger als je zuvor“. Bundesverteidigungsministerin von der Leyen machte gar ein wenig in deutsch-britischer Waffenbrüderschaft: Über dem Baltikum patrouillierten die Luftwaffen beider Länder „Flügel an Flügel“.

Wie aber nun umgehen mit der Kündigung des INF-Vertrags und der Gefahr eines neuen nuklearen Wettrüstens auch und besonders in Europa? Das Prinzip „Auge um Auge“ sei heute nicht die richtige Antwort, formulierte von der Leyen. Es gebe eine Reihe von militärischen und anderen Maßnahmen, mit denen man Russland überzeugen könne, „an den Verhandlungstisch zurückzukehren“.

Bei allem Groll über die mutmaßlich von Russland gesteuerten Giftanschläge in seinem Land legte auch der Brite Williamson Wert auf die Verhandlungsoption: „Wir hoffen, dass Russland einen anderen Weg wählt.“ Für US-Senator Lindsey Graham von den Republikanern ist die Sache relativ einfach: Die Chinesen bauten Raketen, und Russland halte sich nicht an den INF-Vertrag. „Also werden wir ein besseres Abkommen machen. Die alten bedeuten keinen Mehrwert mehr.“

Ein geradezu glühendes Plädoyer für den Multilateralismus hielt gestern Abend Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). „Wir bleiben Teamspieler“, sagte Maas und: „Multilateralist ist kein Schimpfwort.“ Ohne die USA zu erwähnen, erteilte Maas Abschottung in Form von Strafzöllen eine Absage. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wertete die angekündigte Erhöhung von US-Truppen in Europa als „ein deutliches Zeichen des US-Bekenntnisses zur Nato und zu Europa“.

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