Washington. Zieht Hillary Clinton am 20. Januar ins Weiße Haus ein? Oder ist es Donald Trump? Die Antwort auf diese Frage ist komplizierter als in Deutschland, wo die Menschen bei einer Bundestagswahl ihre Erst- und Zweitstimme abgeben.
Entscheidend ist in den USA nicht die Zahl der insgesamt abgegeben Stimmen für jeden der Kandidaten. Selbst wer die Mehrheit der Bürger-Stimmen bekommt, kann noch verlieren, wie es beim legendären Duell von Al Gore mit George W. Bush im Jahr 200 der Fall war. Den Wahlausgang entscheiden vielmehr die sogenannten Wahlmänner, die in jedem Bundesstaat vergeben werden. Die Zahl dieser Wahl-Persönlichkeiten, die dann am 19. Dezember im sogenannten Electoral College den Präsidenten wählen, ist proportional zur Größe jedes Bundesstaates. Die meisten stellt das traditionell demokratisch wählende Kalifornien mit 55 Wahlmännern.
Für einen Sieg braucht ein Kandidat mindestens 270 der 538 Wahlmänner-Stimmen. Sollte es zu einem denkbaren Patt und einem 269 zu 269-Ergebnis kommen, gibt es keine Stichwahl. In einem solchen Fall entscheidet das US-Repräsentantenhaus, dessen 435 Mandate ebenfalls heute neu vergeben werden. Bei einem Unentschieden hätte Donald Trump dann die besseren Karten, denn in der größeren Kammer des US-Kongresses wird erneut eine Mehrheit der "Grand Old Party" erwartet. Verliert Trump, ist es nicht unvorstellbar, dass er seine Drohung wahr macht und den Wahlausgang anfechtet. Dann würde erst einmal untersucht werden, ob dieser Einspruch überhaupt zulässig ist. Bei einem ganz engen Ausgang in einem Bundesstaat ist auch eine Nachzählung möglich, was wie im Jahr 2000 in Florida zu dramatischen Szenen und der Einschaltung des Obersten Gerichtshofs führen kann, der damals mit einem bis heute umstrittenen Urteil die Weichen für den Sieg von George W. Bush stellte.
"Swing States" entscheiden
Das basisdemokratische Wahlverfahren in den einzelnen US-Bundesstaaten ist dabei nicht identisch. Üblicherweise erhält jeder Kandidat, der einen Bundesstaat gewinnt, alle Wahlmänner. Doch Maine und Nebraska tanzen aus der Reihe, dort werden Wahlmänner proportional zum Ausgang vergeben. Das größte Augenmerk wird sich nicht auf diese beiden Bundesstaaten richten, sondern auf die sogenannten "Swing States" - also Staaten, in denen ein Kandidat den Sieg nicht sicher hat. Zu den wichtigsten zählen dabei logischerweise die Staaten, die die meisten Wahlmänner zu vergeben haben: Wie Florida (29), Pennsylvania (20), Ohio (18) Michigan (16) oder North Carolina (15).
Worauf sollten nun jene achten, die auch in Deutschland in der Wahlnacht von Mitternacht an mitfiebern wollen? Die US-Fernsehanstalten werden zunächst wieder sogenannte "Exit polls" anbieten, Umfragen, die sich auf Bürger-Aussagen unmittelbar nach der Stimmabgabe stützen. Doch Vorsicht: Diese können irreführend sein - wie beispielsweise im Jahr 2004, als sie fälschlicherweise einen Sieg des Demokraten John Kerry gegen George W. Bush prophezeiten. Ein wichtiges Indiz für den Wahlausgang werden Analysen sein, wie hoch der Anteil Trumps unter weißen Wählern in den ersten Bundesstaaten ist, die Ergebnisse bekannt geben. Sein Ziel muss sein, deutlich mehr Stimmen von Weißen zu bekommen als es Mitt Romney 2012 mit gerade einmal 59 Prozent gelang.
Was machen die Jungwähler?
Hillary Clinton wiederum wird zu Beginn des Abends auch auf bestimmte Faktoren starren, die erste Hinweise auf ihr Abschneiden geben. Ihre Sieges-Strategie setzt darauf, die Unterstützung von den bewährten Obama-Wählern: Afro-Amerikaner, Latinos und weiße Jungwähler. Im Jahr 2012 stimmten 93 Prozent der Schwarzen und 71 Prozent der Bürger mit lateinamerikanischer Herkunft für Obama. 60 Prozent der jungen Wähler stellten sich damals hinter den amtierenden Präsidenten. Wenn von Mitternacht an die ersten realen Auszählergebnisse aus Kentucky und Indiana zusammen mit Wähler-Analysen gemeldet werden, lässt sich an den Resultaten im Vergleich zu 2012 ein Trend ablesen, wie am Ende Clinton und Trump abschneiden werden.
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