Bayern - Miesbacher Landrat Kreidl ließ seine Geburtstagsparty von der Sparkasse bezahlen / Parteiübergreifendes Entsetzen

Die große Abrechnung

Von 
Ralf Müller
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Jakob Kreidl liebt Feste. Dass er die Feier zu seinem 60. Geburtstag von Sparkassen und Steuerzahlern üppig bezuschussen ließ, ist allerdings fragwürdig.

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München. Auf massiven Ärger müssen sich diejenigen einrichten, die bis vor kurzem im 50 Kilometer von München entfernten Landratsamt Miesbach und der örtlichen Kreissparkasse das Sagen hatten. Dem Innenausschuss des bayerischen Landtags präsentierte das Innenministerium gestern einen Bericht über die finanziellen Gepflogenheiten in der Ära des früheren Landrats Jakob Kreidl (CSU), der schlimme Erwartungen noch übertraf. Jetzt drohen Kreidl, seinem einstigen Stellvertreter Arnfried Färber (Freie Wähler), Ex-Sparkassenchef Georg Bromme und anderen Nutznießern der "goldenen Ära" Rückforderungen und womöglich auch Strafverfahren.

Geburtstagsfeier mit Folgen

Die Aberkennung seines Doktortitels wegen Abschreibens hatte Jakob Kreidl, der auch das einflussreiche Amt des Präsidenten des bayerischen Landkreistags bekleidete, noch in seinen Ämtern überstanden, die Affäre um die Feier zu seinem 60. Geburtstag nicht mehr. CSU-Parteichef Horst Seehofer höchstpersönlich forderte von Kreidl, auf den Landratsposten zu verzichten, nachdem bekannt geworden war, dass die Fete mit 460 Gästen knapp 120 000 Euro gekostet hatte. 79 000 Euro davon trug die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, deren Verwaltungsratsvorsitzender der Landrat war, weitere 33 200 Euro über den Landkreis der Steuerzahler.

Danach kamen weitere Fälle des großzügigen Umgangs mit den Geldern von Steuerzahlern und Sparkassenkunden ans Tageslicht. Spendabel hatte sich die Kreissparkasse auch zum 70. Geburtstag von Kreidls Stellvertreter Färber gegeben und die Kosten von dessen Feier zum 70. Geburtstag in Höhe von mehr als 55 000 Euro komplett übernommen. 94 der 169 Feiernden kamen aus dem Familien- und Freundeskreis des Jubilars, heißt es in dem Bericht des Innenministeriums.

Eine "Informationsfahrt" der Landkreisspitze, von 16 Bürgermeistern nebst 17 Ehegatten und Partnern nach Serfaus in Tirol und Interlaken in der Schweiz sponserte die kreiseigene Sparkasse mit 49 000 Euro, für weitere 34 500 Euro musste die Landkreiskasse herhalten, übrigens unter Protest des Kämmerers. Obwohl es bei der Reise um touristische Themen in Zusammenhang mit der umstrittenen Aufrüstung des Skigebiets Sudelfeld ging, hätten "Touristikfachleute übrigens nicht teilgenommen", stellte Ministerialdirigent Michael Ziegler im Landtag lapidar fest.

"Nicht mehr angemessen" und "unzulässig" urteilten die Prüfer des Innenministeriums, das sowohl als Sparkassen- wie Kommunalaufsicht tätig wurde. Nicht gebilligt wurde auch eine teure Renovierung des Büros, Vorzimmers und Besprechungsraums des Landrats im Jahr 2008, für welche die Sparkasse mehr als 293 000 Euro springen ließ. "Es ist die Aufgabe des Landkreises, das Landratsamt zu bauen und zu unterhalten, nicht der Sparkassen", urteilte die Aufsichtsbehörde. Vor der Amtszeit Kreidls kaufte die Sparkasse der Gemeinde Bayrischzell die 96 Hektar großen "Geitauer Almen" für eine dreiviertel Million Euro an, um der klammen Gemeinde zu helfen. Auch das stehe nicht im Einklang mit den Aufgaben einer Sparkasse, so das Innenministerium.

"Selbstbedienungsladen"

Die Landtagsabgeordneten zeigten sich schockiert, aber nicht sprachlos, zumal an einer ganzen Reihe von "weiteren Finanzierungsmaßnahmen" für Reisen und Feierlichkeiten "zum Teil nicht unerhebliche Zweifel" bestünden. "Hier tut sich ein Abgrund auf", sagte der SPD-Abgeordnete Paul Wengert. Die Fach- und Rechtsaufsicht habe offensichtlich "völlig versagt". Auch der CSU-Abgeordnete Norbert Dünkel zeigte sich betroffen von der "hohen Qualität an Verfehlungen".

Aus Sicht der Landtagsabgeordneten beginnt die Aufarbeitung des "Selbstbedienungsladens" (so der Freie Wähler-Abgeordnete Joachim Hanisch) jetzt erst. Nun müsse man dafür sorgen, dass zivilrechtliche Ansprüche gegen die Verantwortlichen nicht verjährten, forderte Wenger. Ministerialdirigent Ziegler ging davon aus, dass inzwischen auch die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Erschreckt hat der neue Miesbacher Landrat Wolfgang Rzehak bereits 4300 Euro für Geschenke, die er im Laufe der Jahre von der Sparkasse erhalten hat, zurückerstattet.

33 217,42 Euro wurden übrigens im Februar dieses Jahres vom Privatkonto der Eheleute Kreidl an den Landkreis überwiesen. Die Summe entspricht dem Landkreisanteil an den Kosten von Kreidls Geburtstagsfeier. Die Überweisung sei aber "am Folgetag wieder storniert" worden.

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