Mannheim. Wir haben einen Vorwahlkampf erlebt, der sich vor allem gegen das sogenannte Establishment richtet - dieses umfasst in den USA nicht nur Parteien und Wirtschaftskreise, sondern auch Politikerfamilien und politische Dynastien. Der Begriff der Dynastie dürfte vielen Amerikanern ganz bitter aufstoßen, war doch einer der Grundgedanken der Gründerväter die Abkehr vom europäischen Adelssystem. Es ist zwar nicht der Adelstitel, aber doch der Nachname und der oft damit verknüpfte finanzielle Hintergrund, der es in den USA erleichtert, eine hochrangige Position zu erlangen. Abgesehen davon besitzen die mächtigen Familien in den USA auch die Netzwerke, die dabei helfen, Türen in hohe Positionen zu öffnen. Oft sind sie selbst auch sehr wohlhabend und in der Wirtschaft verwurzelt, was für Sympathiepunkte bei unterschiedlichen Lobbys sorgt. Dadurch haben sie auch genug Geld für die besten Berater und Wahlkampfexperten.
Die wohl bekannteste politische Familie sind nach wie vor die Kennedys. Eine Familie als Monarchie-Ersatz. Schon eine Generation nachdem sie 1848 aus Irland in die USA emigrierte, wurde Patrick Joseph Kennedy Politiker, unter anderem als Gouverneur von Massachusetts.
Seitdem riss die Reihe wichtiger Politiker in der wohlhabenden Bankiersfamilie nicht ab - am berühmtesten war John F. Kennedy, der von 1961 bis zu seiner Ermordung 1963 US-Präsident war. Inzwischen ist dessen Tochter Caroline Botschafterin der USA in Japan, seine Nichte war mit Arnold Schwarzenegger, ehemals Gouverneur des Staates Kalifornien, verheiratet, und sein Großneffe Joe Kennedy III ist wieder Politiker in Massachusetts. Die Kennedys sind sehr wohlhabend und gelten als überaus glamourös, wenn auch durch Tragödien heimgesucht: Mehrere Familienmitglieder starben bei Flugzeugabstürzen, JFK und sein Bruder wurden ermordet, es gab zahlreiche tödliche Unfälle.
Es war John F. Kennedy, der den Gedanken der Dynastie so überaus treffend auf den Punkt brachte: "Wenn mir etwas zustößt, wird Bobby an meine Stelle treten. Und wenn Bobby geht, haben wir noch Teddy". So ähnlich lief es ja dann auch.
Und dann wären da die Bushs. Sie haben bereits zwei Präsidenten (George H.W. und George W.) hervorgebracht, ein drittes Familienmitglied kandidierte mit Jeb Bush (wenn auch erfolglos) für die diesjährigen Wahlen. Übrigens war dies nicht die erste präsidentielle Vater-Sohn-Kombo: John Adams (Präsident von 1797-1801) und John Quincy Adams (Präsident von 1825-1829) begründeten diese "Tradition". Allerdings lag zwischen ihren Amtsperioden ein Vierteljahrhundert.
Der Vater des ersten Bush-Präsidenten hatte auch eine politische Karriere vorzuweisen: Prescott Shedon Bush war von 1952 bis 1963 Senator von Connecticut. Auch die Bushs sind Multimillionäre, teils durch Erdöl, teils durch lukratives Investmentbanking. Zwar spielt Jeb Bush - Sohn des 41. und Bruder des 43. Präsidenten der USA und ehemaliger Gouverneur von Florida - im Wahlkampf 2016 bei den Republikanern keine Rolle mehr, aber sein knapp 40-jähriger Sohn George steht schon in den Startlöchern. Die Bush-Saga geht also weiter.
Die Clintons sind keine Dynastie - könnten es aber noch werden. Sie sind (noch) weniger traditionsreich, aber aktuell umso einflussreicher. Bill Clinton kam zwar aus kleinen Verhältnissen, hatte jedoch durch seinen reichen Stiefvater einen Sponsor für seine Spitzenausbildung. Hillary selbst verdiente in einer Top-Anwaltskanzlei sehr gut, bevor sie ihre eigene Karriere in Angriff nahm. Auch wenn Hillary und Bill noch nicht als Clan bezeichnet werden können, werden sie bereits wie einer behandelt: Hillary fliegen jetzt im Wahlkampf ihre Verbindungen zur Wall Street als Vorwürfe um die Ohren. Ihre exorbitanten Gagen für Redeauftritte in Finanzfirmen tragen auch nicht zu einem bodenständigeren Image bei. Ihre Tochter Chelsea kaufte unlängst für mehr als 10 Millionen Dollar eine Wohnung in New York am Madison Square Park, mitten in Manhattan. Ihr Mann Marc Mezvinsky stammt - wie könnte es anders sein - aus einer politiknahen Familie (sein Vater war Abgeordneter im Repräsentantenhaus) und ist steinreicher Investmentbanker. Die nächste Generation wächst also bereits heran.
Während Chelsea Clinton jahrelang die Möglichkeit einer politischen Karriere ausgeschlossen hatte, scheint sich hier das Blatt zu wenden - mehrfach kündigte sie an, sich einen politischen Posten von der Bürgermeisterin bis zur Senatorin gut vorstellen zu können. Aktuell arbeitet sie noch in der Clinton-Stiftung, einer gemeinnützigen Organisation, die sich weltweit für bessere Gesundheitsversorgung, Frauenrechte und gegen den Klimawandel einsetzt.
Unsere Autorin Andrea Römmele (49), Mannheimerin, Politikprofessorin und Direktorin an der Hertie School of in Berlin, erlebt das Ringen um den Einzug ins Weiße Haus hautnah in den USA mit: Sie unterstützt die Demokratin Hillary Clinton und deren Wahlkampfteam. Governance
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/politik_artikel,-politik-die-clintons-wollen-die-neuen-kennedys-werden-_arid,886428.html