Politik

Das Ende der Pannen-Ministerin? Berichte über bevorstehenden Rücktritt von Lambrecht

Von 
Jan Dörner
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Christine Lambrecht (SPD). © Kay Nietfeld/dpa

Berlin. Sie gilt schon lange als Schwachstelle im Bundeskabinett: Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht. Zuletzt war die SPD-Politikerin wegen eines verunglückten Videos in die Kritik geraten, das die 57-Jährige als Neujahrsbotschaft auf Instagram gepostet hatte. Es war nicht die erste Panne, die sich Lambrecht seit ihrem Amtsantritt geleistet hatte. Steht der Kanzler noch zu der Ministerin? So lautete in den vergangenen Tagen die große Frage im Berliner Regierungsviertel.

In einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der „taz“ wurde Scholz gefragt, ob Lambrecht das erste Kabinettsmitglied werde, das er vor die Tür setze. Es sei bekannt, wie er „mit denen umgehe, mit denen ich zusammenarbeite. Da können sich alle auf mich verlassen“, sagte Scholz. „Ich arbeite mit allen Mitgliedern des Bundeskabinetts sehr eng und vertrauensvoll zusammen.“

Wie die „Bild“-Zeitung aber am Freitagabend berichtete, zieht Lambrecht selbst Konsequenzen aus der anhaltenden Kritik an ihrer Amtsführung: Die SPD-Politikerin habe sich Lambrecht auf eigene Initiative entschlossen, von ihrem Amt zurückzutreten, hieß es. Es gehe nun um den genauen Zeitpunkt, über ihre Nachfolge werde intern bereits beraten.

Zunächst keine Bestätigung

Das Verteidigungsministerium bestätigte den Bericht zunächst nicht. „Das sind Gerüchte, die wir nicht kommentieren“, sagte ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage. Auch ein Regierungssprecher und die SPD-Parteizentrale wollten sich nicht zu einem möglichen Rücktritt Lambrechts äußern.

Aus der SPD hatte Lambrecht zuletzt demonstrativ Rückendeckung erfahren. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich stellte sich noch am Donnerstag im Namen aller Bundestagsabgeordneten hinter die Ministerin. „Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt die Arbeit der Verteidigungsministerin, die Beachtliches geleistet hat“, sagte Mützenich. Lambrecht habe klare Entscheidungen für große Investitionen in die Bundeswehr auf den Weg gebracht.

Christine Lambrecht - gebürtige Mannheimerin

  • Lambrecht wurde 1965 in Mannheim geboren und wuchs im benachbarten Viernheim auf
  • Sie studierte in Mannheim und Mainz Rechtswissenschaften
  • Später lehrte sie an der Berufsakademie Mannheim und arbeitete als Rechtsanwältin in Viernheim
  • Der Stadtverordnetenversammlung Viernheim gehörte sie von 1985 bis 2001 an, ebenso saß sie von 1989 bis 1997 im Kreistag des Landkreises Bergstraße
  • Zwischen 1998 und 2021 vertrat sie den Wahlkreis Bergstraße im Bundestag. Bei den Bundestagswahlen 1998 und 2002 gewann sie das Direktmandat tbö

In der Bevölkerung wurde Lambrecht jedoch zunehmend kritisch gesehen. Im neuen ZDF-„Politbarometer“ sprachen sich 60 Prozent der Befragten für einen Rücktritt aus; 25 Prozent waren dagegen. Selbst innerhalb der SPD befürworteten 50 Prozent einen Rücktritt; 38 Prozent waren für ihren Verbleib im Amt.

Zuletzt scharfe Kritik von der Union

Die Union hatte Lambrecht zuletzt scharf kritisiert. Als die Meldung über den offenbar bevorstehenden Rücktritt bekannt wurde, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), dieser Redaktion: „Ich hätte größten Respekt vor einem solchen Schritt. Das wäre ein versöhnlicher Schlusspunkt und eine positive Aussicht für unsere Bundeswehr.“

CDU und CSU hatten Lambrecht vorgeworfen, mit der Modernisierung der Bundeswehr überfordert zu sein. Nach jahrelangem Sparkurs sollte die Truppe als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine mit 100 Milliarden Euro auf Vordermann gebracht werden.

In die Kritik war die SPD-Politikerin zudem geraten, weil sie ihren Sohn in einem Diensthelikopter mit nach Norddeutschland genommen hatte. Lambrecht besuchte dort einen Bundeswehr-Standort – und machte sie direkt im Anschluss mit ihrem Sohn auf Sylt Urlaub. Ein Foto von sich in dem Helikopter hatte der Sohn der Ministerin im Internet veröffentlicht. Erst Monate später räumte Lambrecht auf eine entsprechende Gerichtsentscheidung hin ein, dass sie das Foto gemacht hatte.

Als mögliche Nachfolgerin für Lambrecht gilt die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD). Auch SPD-Chef Lars Klingbeil wird als geeignet für das schwierige Amt genannt. „Es wäre diesmal gut, wenn dieses immens wichtige Ministerium von jemandem geführt wird, der das nötige Hintergrundwissen mitbringt“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki an die SPD-gerichtet.

Zuletzt war über eine Umbildung des Ampel-Kabinetts spekuliert worden, weil Innenministerin Nancy Faeser als heiße Kandidatin für die SPD-Spitzenkandidatur für die Landtagwahl in diesem Herbst in Hessen gilt. Kubicki regte nun eine größere Kabinettsumbildung an. Er könne nicht bewerten, ob Scholz dies erwäge, sagte Kubicki dieser Redaktion. „Allerdings muss er auch zur Kenntnis genommen haben, dass manch ein sozialdemokratisch besetztes Ressorts in der öffentlichen Wahrnehmung nicht das allerbeste Bild abgibt.“

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