China profitiert

Von 
Katrin Pribyl
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Eigentlich haben sich die EU und die Mercosur-Staaten schon vor Jahren auf ein Abkommen geeinigt, mit dem alle leben können – oder besser konnten. Frankreich schien es nie um die Sache gegangen zu sein. Trotz etlicher Zugeständnisse und Zusatzprotokollen beharrt Paris neuerdings auf einem kategorischen Nein. Obwohl die Vereinbarung zahlreiche Schwächen aufweist und die Bedenken der Bauern beruhigt werden müssen, sollte die EU-Kommission das Abkommen gegen den Willen von Frankreich und Polen durchsetzen, vorneweg um nicht noch weiter im Wettbewerb mit China zurückzufallen.

Denn Peking scharrt bereits mit den Füßen, sollten die Europäer mit den Südamerikanern nicht einig werden. Damit würde die EU noch weiter zurückfallen in Sachen Einfluss und Exporte im Globalen Süden. Sie wäre selbst schuld. Zum einen scheint die EU nicht aus ihren Fehlern zu lernen. Schon einmal hat eine Allianz aus Bauern und Ökologen der Handelspolitik Europas schweren Schaden zugefügt. Ein Jahrzehnt ist es her, dass Brüssel und Washington eine atlantische Freihandelszone namens TTIP gründen wollten, doch dann verbreiteten Lobbyisten erfolgreich die Mär vom amerikanischen Chlorhuhn und der Deal war tot – zum Leidwesen der Europäer. Denn mit TTIP würde die EU heute deutlich weniger unter dem zunehmenden Protektionismus der Amerikaner leiden.

Zum anderen aber zeigt das Drama um den Mercosur-Deal wie unter dem Brennglas das Problem der EU: In Sonntagsreden pochen Staats- und Regierungschefs wie der Franzose Emmanuel Macron stets auf die Bedeutung, souveräner zu werden und sich etwa in Teilen vom Warenverkehr mit China abzukoppeln. Doch wenn einige Rinderzüchter im Land öffentlichkeitswirksam Gülle auf die Straßen kippen, sind solche großspurigen Ankündigungen schnell vergessen.

Was bleibt von der angeblichen Notwendigkeit, als Block geschlossen europäische Gesetzgebung durchzusetzen zum Wohle der Union? In der Realität übertrumpft nationale Politik leider weiterhin das Gesamtinteresse der Gemeinschaft. Wenn stets die Interessen von kleinen Teilen der Agrarwirtschaft oder Brüsseler Umweltvorgaben Handelsabkommen mit wichtigen Partnern in der Welt ausbremsen, dann wird Europa in wenigen Jahren als wirtschaftlicher, aber vor allem geopolitischer Akteur kaum noch eine Rolle spielen.

Korrespondent

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