Washington. US-Präsident Donald Trump zieht nach knapp vier Wochen im Weißen Haus eine überaus positive Bilanz seiner bisherigen Amtszeit - ganz im Gegensatz zu der heftigen Kritik aus allen politischen Lagern. Er habe alle Wahlversprechen gehalten und umgesetzt, sagte der Republikaner gestern in Washington. Trump ergänzte, vermutlich sei noch nie ein US-Präsident in so kurzer Zeit so erfolgreich gewesen wie er. Er erfahre überall große Zustimmung, und es gebe eine Welle des Optimismus in der Arbeitswelt.
In einer in dieser Form völlig überraschenden Pressekonferenz antwortete Trump, dessen Zustimmungswerte nach vier Wochen historisch schlecht sind, auf eine Reihe von Fragen. Dabei lieferte er sich wiederholt Wortgefechte mit einzelnen Journalisten. Trump wiederholte und verschärfte seine Kritik an den Medien und baute sie zu einem Generalangriff aus. Er wende sich nun direkt an das amerikanische Volk, weil die Medien nicht die Wahrheit berichten wollten und würden, sagte er. Sie würden die Erfolge verschweigen und seien "völlig außer Kontrolle".
Der gegenwärtige Zustand seiner Regierung sei das genaue Gegenteil von Chaos. "Diese Regierung arbeitet wie eine gut abgestimmte Maschine", sagte Trump. Es sei Schuld der Demokraten, dass sein Kabinett nicht bestätigt werde, das halte vieles auf. "Ich habe ein Chaos geerbt. Zuhause und im Ausland." Er sei angetreten, um das kaputte System zu reparieren. "Ich habe dieses Land nicht gespalten", sagte Trump. Er habe die Nation bereits geteilt übernommen.
Das Eigenlob steht indes in deutlichem Gegensatz zum Chaos in dieser Woche. Der Rücktritt von Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn etwa warf mehr Fragen auf, als er beantwortete; neue Enthüllungen setzen Trump zusätzlich unter Druck. Insgesamt scheint seine Politik vier Wochen nach Amtseinführung ins Stocken geraten zu sein. Besonders das Russland-Thema wird der US-Präsident nicht so schnell los. Nach dem Rücktritt seines Sicherheitsberaters am Montag berichteten "New York Times" und "CNN" übereinstimmend, dass Trump-Mitarbeiter während des Wahlkampfs dauerhaft mit russischen Funktionären in Kontakt standen, darunter auch solchen aus Geheimdiensten.
"Sehr unamerikanisch"
Ein Schlussstrich gelang der Regierung mit dem Flynn-Rücktritt nicht. So sagte Trump am Mittwoch bei seiner Pressekonferenz mit Israels Premier Benjamin Netanjahu, Flynn sei ein wundervoller Mann, der "von den Medien sehr, sehr unfair behandelt wurde". "Dieser Russland-Beziehungs-Unsinn ist nur ein Versuch, die vielen Fehler in Hillary Clintons Verlierer-Kampagne zu überdecken", twitterte Trump. "Der wahre Skandal" seien nicht die Lügen seines Sicherheitsberaters, sondern "dass geheime Informationen von Geheimdiensten illegal verteilt werden wie Süßkram. Sehr unamerikanisch!"
Lecks im engsten Umfeld
Trump hat insofern recht, als die Zahl der Lecks verblüffende Ausmaße angenommen hat. Auch konservative Medien wie "Wall Street Journal" und "Fox News" melden, dass Geheimdienste dem Präsidenten wichtige Informationen vorenthalten, weil sie sich um dessen eigene Verschwiegenheit sorgen.
Russland ist nur eine Baustelle. Medien berichten über heftige Kämpfe zwischen Trumps Mitarbeitern, darunter Top-Stratege Stephen Bannon und Stabschef Reince Priebus. Nach den Rückzügen von Flynn und dem designierten Arbeitsminister Andrew Puzder scheint mindestens eine weitere Spitzenkraft angeschlagen: Das unabhängige Ethikbüro im Kongress hat empfohlen, Trumps Beraterin Kellyanne Conway zu bestrafen, weil sie in einem TV-Interview das Modelabel der Präsidententochter bewarb.
Die Scharmützel, Widersprüche und Fragen verdecken die souverän inszenierte Wahl eines respektierten Kandidaten fürs Oberste Gericht und halbwegs unfallfrei verlaufene Besuche ausländischer Staatschefs. Dazu kommen die Folgen schlampig ausgearbeiteter Exekutivverfügungen. Trumps prominent inszenierter Grenzbeschluss gegen sieben mehrheitlich muslimische Länder ist im Getriebe der Justiz versandet. Nach seinem betont dynamischen Regierungsauftakt hatte der Präsident seit einer Woche keine Erlasse mehr unterschrieben. Gestern aber nahm er die Kohleregulierungen seines Vorgängers zurück. Außerdem kündigte er an, das umstrittene Einreiseverbot kommende Woche durch ein neues Dekret ersetzen. Details ließ er offen. (mit dpa)
Andrew Puzder
Andrew Puzder, für den Posten des Arbeitsministers im Kabinett des US-Präsidenten vorgesehen war, hat seine Kandidatur zurückgezogen.
Im US-Senat, der von Trumps Republikanern dominiert ist, hatte sich eine Niederlage für Puzder angedeutet. Der 66-Jährige ist der erste von Trumps Kandidaten, der im Senat durchfällt.
Als Manager einer Burgerkette hatte sich Puzder entschieden gegen Regulierungen ausgesprochen.
Ihn dürfte zu Fall gebracht haben, dass er eine Immigrantin ohne Einwanderungserlaubnis als Haushälterin beschäftigt hat. dpa (Bild: dpa)
Neue Ordnung für den Nahen Osten
US-Präsident Donald Trump will Medienberichten zufolge mit arabischen Staaten eine neue geopolitische Ordnung im Nahen Osten schmieden. Dazu sollen ein Militärpakt gegen Iran und Nahost-Friedensverhandlungen unter Einbeziehung mehrerer arabischer Staaten gehören.
Die arabischsprachige Zeitung "Al-Hayat" berichtete gestern unter Berufung auf ungenannte Quellen, die Trump-Regierung plane einen Gipfel führender arabischer Politiker in Washington zum Nahost-Friedensprozess. Dem "Wall Street Journal" zufolge will die neue US-Regierung mit mehreren arabischen Staaten über eine Nato-ähnliche Militärkoalition gegen den Iran verhandeln, die von den USA unterstützt werden könnte. Auch Israel könne sich mit Geheimdienstinformationen an dem Pakt beteiligen. dpa
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