Tory-Partei

Britischer Premier steht vor nächster Hürde

Während Rishi Sunak einen großen politischen Erfolg feiert, droht Boris Johnsons politischer Karriere das Aus. Parlament vor harter Migrationsdebatte

Von 
Susanne Ebner
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Rishi Sunak (M.), Premierminister von Großbritannien, spricht während der Frage-stunde des Premierministers im Unterhaus. © Jessica Taylor/UK Parliament/PA Media/dpa

London. In einem professionellen Twitter-Account markieren Nutzer gerne ihre letzten großen Erfolge, sodass diese auch Tage später noch als erstes sichtbar sind. Das Profil des britischen Premierministers Rishi Sunak zeigt einen Post vom 27. Februar. Darin feiert er den „Windsor Framework“, den überarbeiteten und aus Sicht vieler Experten verbesserten Deal mit der EU, mit dem eine harte Grenze zwischen dem einst vom Bürgerkrieg gebeutelten Landesteil Nordirland und Irland verhindert werden soll, indem man die Zollgrenze in die irische See verlegte.

Der von vielen Beobachtern im Vorfeld erwartete Aufstand der Brexit-Hardliner in der Partei blieb aus. „Minister, die vorher mit ihrem Rücktritt drohten, verhielten sich ruhig oder lobten die Übereinkunft sogar“, begründete Anand Menon von der Denkfabrik „UK in a Changing Europe“ den Erfolg des gesetzlichen Rahmenwerks. Selbst Ex-Premierminister Boris Johnson, der als erbittertster politischer Gegner Sunaks gilt, äußerte erst drei Tage später zurückhaltende Skepsis an der Vereinbarung mit der EU.

Überdies nahm dessen Karriere am vergangenen Freitag „eine dramatische und vielleicht endgültige Wendung“, wie der „Guardian“ kommentierte. Schließlich wird Johnson durcheinen vorläufigen Bericht eines parlamentarischen Ausschusses schwer belastet. Demnach soll der Ex-Premier das Unterhaus in der Partygate-Affäre mehrmals belogen haben. Er habe wissen müssen, dass bei Feiern während des Lockdowns im Jahr 2020 in seinem Regierungssitz und anderen Behörden gegen geltenden Corona-Regeln verstoßen wurde, heißt es dort.

Johnson muss sich live äußern

Der Vorgänger Sunaks soll Ende März zu den Vorwürfen Stellung nehmen, live im Fernsehen. Doch ist dies das Ende für „Teflon-Boris”, an dem Skandale häufig abperlten wie an einer beschichteten Bratpfanne? „Wie so viele scheue ich davor zurück, ihn für immer abzuschreiben”, erklärte Tim Bale, Politologe an der Queen-Mary-Universität, am gestrigen Montag gegenüber dieser Zeitung, „aber es sieht immer mehr so aus, als würde ihm tatsächlich die Luft ausgehen“. Der Bericht des Parlamentes lege nahe, dass einige ziemlich vernichtende Beweise gegen ihn vorliegen, die belegen könnten, dass er das Parlament in Bezug auf Partygate in die Irre geführt hat. „Es sieht für mich so aus, als hätten die Tory-Abgeordneten wirklich die Geduld mit ihm verloren.“

Der mögliche Fall Johnsons bedeute jedoch nicht, dass Sunaks politische Karriere gesichert ist. Denn ihm stehe diese Woche eine Herausforderung, bevor, an der bislang alle Premierminister seit David Cameron gescheiter seien, wie Bale betonte: Er muss die Migration mithilfe von Schleppern über den Ärmelkanal in den Griff bekommen. Innenministerin Suella Braverman wird hierzu vermutlich am heutigen Dienstag einen Gesetzesentwurf im Parlament vorstellen.

Medienberichten zufolge könnten Geflüchtete, die mit Booten nach Großbritannien kommen, umgehend zurückgeschickt werden und überdies nie wieder auf die Insel kommen dürfen. Die Pläne sind auch innerhalb der konservativen Partei umstritten, unter anderem, weil dadurch hohe Kosten entstehen.

Der Premier würde der Partei einen Gefallen tun, wenn er „die Boote stoppen“ kann, sagte Bale. Dass ihm das gelingt, sei jedoch unwahrscheinlich. „Sunak ist kein Messias, darauf weisen auch die Umfragen hin. Aber er ist vielleicht das kleinste Übel, sozusagen die am wenigsten schlechte Option.“

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