USA - Donald Trumps Sicherheitsexperte Michael Flynn werden seine guten Kontakte nach Moskau zum Verhängnis

Berater stolpert aus dem Amt

Von 
Jens Schmitz
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Mit Präsident Donald Trump (von links) im Oval Office des Weißen Hauses: Ex-Berater Michael Flynn und Chef-Stratege Steve Bannon.

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Washington. US-Präsident Donald Trump hat 24 Tage nach Amtsantritt den ersten Rücktritt zu verkraften: Sein Sicherheitsberater Michael Flynn soll mit dem russischen Botschafter über US-Sanktionen gegen Moskau gesprochen haben, als Trumps Regierung noch gar nicht im Amt war. Anschließend führte er den heutigen Vizepräsidenten Mike Pence darüber in die Irre. Flynn war Trumps erfahrenster Anwalt für eine konziliantere Beziehung zu Moskau. Der 58-jährige Ex-General dankte in der Nacht auf Dienstag ab.

"Leider habe ich in der schnellen Ereignisfolge den künftigen Vizepräsidenten und andere mit unvollständigen Informationen über meine Telefonate mit dem russischen Botschafter versehen", erklärte er seinen Abschied in einem Schreiben, das das Weiße Haus an die Presse verschickte. "Ich habe den Präsidenten und den Vizepräsidenten aufrichtig um Verzeihung gebeten, und sie haben meine Entschuldigung akzeptiert."

Flynns Rücktritt folgte wenige Stunden nach einer Enthüllung der "Washington Post", derzufolge das Justizministerium das Weiße Haus schon vor Wochen gewarnt hat: Sicherheitsdienste waren zu dem Schluss gekommen, dass der Ex-General über seine Kontakte zu Russlands Botschafter Sergey Kislyak die Unwahrheit gesagt und sich dadurch erpressbar gemacht habe.

Telefonat war schwerer Fehler

Die prominente Trump-Beraterin Kellyanne Conway hatte noch am Montagnachmittag erklärt, Trump habe "volles Vertrauen" in Flynn. Wenig später veröffentlichte Präsidentensprecher Sean Spicer aber eine weit kühlere Stellungnahme: "Der Präsident wertet im Moment die Lage aus", hieß es darin. Am späten Abend trat Flynn zurück. Der Vorfall wurzelt in einem Telefonat, das er Ende Dezember mit dem russischem Botschafter in Washington geführt hat, mehrere Wochen vor Amtseinführung des heutigen Präsidenten. Er soll Moskau dabei geraten haben, auf von der noch amtierenden Regierung Obama verhängte Sanktionen nicht zu scharf zu reagieren, da sich bald eine neue Ausgangslage biete. Das allein könnte gegen ein Gesetz verstoßen, das unautorisierten Privatpersonen verbietet, mit ausländischen Regierungen zu verhandeln.

Flynns Hauptproblem erwuchs aber aus dem Umgang mit der Affäre: Als der Kontakt bekannt wurde, bestritt er kategorisch, dass es in dem Gespräch um Sanktionen gegangen sei. Entsprechend äußerte er sich auch gegenüber dem heutigen Vizepräsidenten Mike Pence und Präsidentensprecher Sean Spicer, die sich die Darstellung öffentlich zu eigen machten. Am 8. Februar erklärte Flynn in einem Interview mit der "Washington Post" erneut, er habe mit Kislyak nicht über Obamas Strafmaßnahmen gesprochen.

Gespräche abgehört

Einen Tag später ließ er dem Blatt aber ausrichten, er könne "nicht sicher sein, dass das Thema nie aufkam". Sicherheitsexperten staunen, dass Ex-General Flynn offenbar nicht damit rechnete, dass Gespräche ausländischer Diplomaten auch in den USA routinemäßig abgehört werden: Am Montag enthüllte die "Washington Post", FBI und Justizministerium hätten das Weiße Haus schon vor Wochen darüber informiert, dass die Sanktionen ein wesentliches Thema des Telefonats darstellten. Dass Flynn öffentlich und gegenüber seiner Führung Spuren zu verwischen versuchte, betrachteten sie als mögliches Erpressungsrisiko durch den Kreml.

Vizepräsident Mike Pence soll über die Falschinformation besonders erzürnt gewesen sein: Ende 2016 hatte er Flynn schon einmal im Fernsehen verteidigt; auch damals hatten sich dessen Angaben als unwahr entpuppt. Trump selbst hatte noch am Freitag gegenüber der Presse behauptet, er habe von der Affäre keine Kenntnis.

Putin wollte keine Vergeltung

Zwei ungenannte Regierungsmitarbeiter sagten der Nachrichtenagentur Reuters, Flynn habe dem russischen Botschafter keine Zusagen bezüglich der Sanktionen gemacht. Obama hatte sie am Tag des Telefonats als Reaktion auf mutmaßliche russische Cyberangriffe im US-Wahlkampf erlassen. Unter Verweis auf den nahenden Regierungswechsel soll Flynn aber an den Kreml appelliert haben, nicht überzureagieren. Wenig später verkündete Russlands Präsident Wladimir Putin den Verzicht auf Vergeltung.

Flynns Sturz könnte Trumps Annäherungspläne an Russland nun komplizierter gestalten. Der General galt in der Regierung als einer der wenigen mit Erfahrung, die diesen Kurs stützten. Demokratische Kongressabgeordnete verlangten vollen Zugang zu den Erkenntnissen der Geheimdienste und eine breitere Untersuchung zu den Beziehungen des Trump-Teams nach Russland. Der "New York Times" zufolge läuft in der Army noch ein Ermittlungsverfahren um zu klären, ob Flynn im Zusammenhang mit einer Moskau-Reise im Jahr 2015 Geld von der russischen Regierung erhalten hat.

Das Weiße Haus ernannte den pensionierten General und Vietnam-Veteranen Joseph Keith Kellogg (72) in der Nacht auf Mittwoch zum Interims-Sicherheitsberater.

Der Nationale Sicherheitsrat

  • Der Nationale Sicherheitsrat der USA berät den US-Präsidenten in wichtigen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik.
  • Das Gremium, im Englischen "National Security Council" (NSC) genannt, wurde 1947 gegründet. Geleitet wird es vom Präsidenten oder dem Vizepräsidenten.
  • Zu den ständigen Mitgliedern des NSC gehören die Minister der Ressorts Äußeres, Finanzen, Verteidigung, Energie, Justiz und Heimatschutz, außerdem der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, der Nationale Sicherheitsberater und der Berater in Fragen des Heimatschutzes. Auch der nationale Geheimdienstdirektor und der Generalstabschef nehmen an den Sitzungen des NSC teil.
  • Seit 1989 tagt als Unterabteilung des Nationalen Sicherheitsrats das "Principals Committee", zu Deutsch etwa "Komitee der Behördenleiter". An den Sitzungen dieses etwas kleineren Gremiums nimmt der Präsident nicht teil, die Zusammensetzung ist jedoch ähnlich.
  • Den Vorsitz hat der Nationale Sicherheitsberater. In einem aufsehenerregenden Schritt berief Präsident Trump Ende Januar seinen Chefstrategen Steve Bannon in beide Gremien. Zugleich stufte er den Geheimdienstdirektor und den Generalstabschef zu nichtständigen Mitgliedern im "Principals Committee" herab. Kritiker sehen darin eine Politisierung des Gremiums zulasten der fachlichen Kompetenz. (dpa)

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