Brasilien - Dilma Rousseff als erste Präsidentin des Landes vereidigt / Kampf gegen Armut und soziale Ungleichheit

Beginn einer neuen Ära

Von 
Susann Kreutzmann
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São Paulo/Brasília. Den Kampf gegen die Armut will Brasiliens neue Präsidentin Dilma Rousseff in den Mittelpunkt ihrer Regierungsarbeit stellen. Bei ihrer ersten Ansprache nach der feierlichen Vereidigung versprach die 63-Jährige unter dem Jubel tausender Anhänger und zahlreichen "Dilma-Dilma"-Rufen, die "Präsidentin aller Brasilianer und Brasilianerinnen" sein zu wollen. Den Weg ihres Vorgängers und politischen Ziehvaters Lula da Silva will sie fortsetzen. "Brasilien hat in den vergangenen acht Jahren einen historischen Weg zurückgelegt", rief sie aus und lobte Lula als "größten Führer", den Brasilien je hatte.

Bei der Danksagung an den äußerst populären Ex-Präsidenten musste Rousseff mehrfach neu ansetzen, weil ihr vor Emotion die Stimme versagte. Auch wenn Lula nicht mehr Präsident sei, "er wird immer mit uns sein", sagte sie und umarmte ihren Vorgänger lange. Auch Lula da Silva zeigte sich tief bewegt. Es sei einer der glücklichsten Momente seines Lebens, die Präsidentschaft an Rousseff zu übergeben, sagte er. "Frauen können bis ganz nach oben kommen" In einer feierlichen Zeremonie hatte Lula da Silva nach achtjähriger Regierungszeit zuvor die grün-gelb-grüne Präsidentenschärpe an seine Nachfolgerin überreicht.

Signal für die Frauen

Der ehemalige Gewerkschaftsführer scheidet mit einer Zustimmungsrate von über 80 Prozent als beliebtester Präsident, den Brasilien je hatte, aus dem Amt. Nach zwei Amtszeiten durfte er nicht noch einmal antreten. Im zweiten Anlauf hatte die Kandidatin von Lulas Arbeiterpartei PT am 31. Oktober mit 56,05 Prozent die Präsidentschaftswahl gewonnen.

Ihre Wahl sieht Rousseff vor allem als Signal für die Frauen. "Die Wahl einer Frau in das Präsidentenamt macht alle Brasilianerinnen stolz", sagt Rousseff, die während der Militärdiktatur im Untergrund war und knapp drei Jahre im Gefängnis verbringen musste. "Die wichtigste Botschaft ist, dass Frauen bis ganz nach oben kommen können."

Auch in ihrer Regierung hat die neue Präsidentin deshalb die Frauenquote kräftig erhöht. Unter den 37 Kabinettsmitgliedern gibt es neun Frauen. 40 Prozent der Minister gehörten bereits der Regierung Lula an. Die Amtseinführung von Rousseff als 40. Präsidentin in der 120-jährigen Geschichte der Republik Brasilien verfolgten Hunderttausende Menschen live an den TV-Geräten. Rousseff, die ein cremefarbenes Kostüm trug, legte den Weg zum Kongress bei strömendem Regen traditionell in einem Rolls-Royce zurück. Sie wurde von ihrer Tochter Paula begleitet.

Der Regierungswechsel verlief unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen. Mehr als 20 Staats- und Regierungschefs waren zur Amtseinführung nach Brasília gereist. Zu den Gästen gehörten auch US-Außenministerin Hillary Clinton, Venezuelas Staatschef Hugo Chavez und der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas.

Bei vielen Brasilianern kam Wehmut über den Abschied von Lula da Silva auf, der das fünftgrößte Land der Welt auf wirtschaftlichen Erfolgskurs gebracht und die Armutsrate um 42 Prozent gesenkt hatte. Er führte das staatliche Sozialprogramm "bolsa família" ein, von dem mehr als 45 Millionen Menschen, und damit fast ein Viertel aller Brasilianer, profitieren.

Korrespondent

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