Düsseldorf. Nach der Abwahl der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen zeichnen sich zwischen CDU und FDP zähe Koalitionsverhandlungen ab. CDU-Landeschef Armin Laschet pochte gestern in Düsseldorf darauf, "noch vor der Sommerpause" Mitte Juli zu einer Regierungsbildung zu kommen. Dagegen erklärte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner, die Menschen sollten vor der Bundestagswahl am 24. September "Klarheit haben, wie es in Nordrhein-Westfalen weitergeht - so oder so".
Falls es nach erfolgreichen Sondierungen mit den Christdemokraten zu formellen Koalitionsverhandlungen komme, werde er deren Ergebnisse zunächst einem Mitgliederentscheid der FDP-Parteibasis vorlegen, kündigte Lindner an. Er sprach von möglichen "Knackpunkten" mit der CDU in der Industrie- und Energiepolitik. Sollten sich CDU und FDP in Düsseldorf nicht auf ein Regierungsbündnis verständigen können, drohen Neuwahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland.
Am Abend zuvor hatte der Landesvorstand der NRW-SPD Sondierungsgesprächen mit den Christdemokarten einstimmig eine klare Absage erteilt. "Wir sind nicht die Steigbügelhalter von Herrn Laschet", erklärte SPD-Fraktionschef Norbert Römer. Der CDU-Wahlsieger zeigte sich darüber enttäuscht. Er habe zwar Respekt vor dieser Entscheidung, bedauere aber, dass sich die Sozialdemokraten der Mitgestaltung des Landes damit entzögen.
CDU und FDP haben nur einen Sitz mehr als die übrigen Fraktionen in dem neuen Landesparlament mit 199 Abgeordneten. Dennoch zeigte sich Laschet zuversichtlich, in den kommenden Wochen eine stabile Regierung bilden zu können. Lindner bedauerte es, dass sich die SPD durch diese Verweigerungshaltung ihrer "staatspolitischen Verantwortung" entziehe. Der Regierungsauftrag liege immer bei den beiden größten Parteien, sagte der FDP-Chef. "Es gehört zu unserer politischen Kultur, dass als Reserve immer eine große Koalition möglich ist", kritisierte Lindner.
Inzwischen haben CDU und FDP für die kommende Tage Sondierungsgespräche in Düsseldorf verabredet. Diese Treffen sollen an einem unbekannten Ort streng abgeschirmt von Medienvertretern stattfinden. Zu Teilnehmern und Zeitpunkt verweigerten Laschet und Lindner Auskünfte. Bei den Sondierungen werde es "hart, aber herzlich" zugehen, kündigte Lindner an. Beobachter gewannen den Eindruck, dass der FDP-Chef mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst frühzeitige Festlegungen auf eine Koalition mit der CDU vermeiden und die Regierungsbildung in Düsseldorf mit aufgebauschten Konflikten und Knackpunkten in die Länge ziehen will.
Die Sondierungsgespräche dienten dem Ziel herauszufinden, "ob die CDU Nordrhein-Westfalen anders ist als die Merkel-CDU", sagte der FDP-Parteichef. "Uns interessiert, ob es jenseits der großen Koalition in Berlin, wo die Konturen der CDU völlig verschwommen sind, noch eine andere CDU gibt, mit der wir gut zusammen arbeiten können", erklärte Lindner.
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