Mannheim. Die SPD feiert bei der Landtagswahl in Niedersachsen einen Triumph, die CDU muss dagegen nach ihren Erfolgen bei den Abstimmungen in Schleswig-Holstein und NRW am Sonntag eine bittere Niederlage hinnehmen. „Auch bei dieser Landtagswahl hat es sich gezeigt, wie entscheidend die personelle Konstellation ist, wenn der Regierungschef seinen Amtsbonus ausspielen kann“, sagt Matthias Jung von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen. Ministerpräsident Stephan Weil holte demnach für die SPD die „entscheidende Prozentpunkte, weil er besonders gut war, sein Herausforderer Bernd Althusmann konnte dem nichts entgegensetzen“. Die Sozialdemokraten profitierten außerdem vom großen Zuspruch aus der älteren Generation, ihrer guten Regierungsarbeit und dem hohen Vor-Ort-Ansehen.
Populärer Landesvater Stephan Weil
Die Analyse zeigt aber auch, dass die SPD in sozialen und ökonomischen Fragen mehr Vertrauen als die CDU genießt. „Die CDU hat neben ihrem mäßigen Standing in Niedersachsen eher Gegenwind von der Bundespartei erhalten“, sagt Jung. Die Grünen punkten beim Topthema Energiepolitik, hinzu kommt relativ viel Zustimmung für eine rot-grüne Koalition. „Die AfD profitiert fast ohne eigenes Zutun von der Krisensituation“, so Jung.
Die Zahlen zeigen, wie groß Weils Popularität in Niedersachsen ist. 71 Prozent der Befragten attestieren ihm eine gute Leistung. Er genießt hohes Ansehen, auf der Skala von plus fünf bis minus fünf erzielt Weil einen Wert von plus 2,1, Herausforderer Bernd Althusmann (CDU) muss sich mit plus 1,2 begnügen. Althusmann wollten deshalb auch nur 26 Prozent als Ministerpräsident, Weil kommt dagegen auf 55 Prozent.
Niederlage der CDU von Althusmann
Die Wahlniederlage der CDU erklärt sich nicht nur mit ihrem geringen Ansehen in Niedersachsen, es spielen auch inhaltliche Defizite eine Rolle. „In einem Umfeld, in dem Wirtschaftslage und Zukunftsvorbereitung skeptischer gesehen werden als 2017, hat die CDU in diesen Politikfeldern Kompetenzeinbußen“, sagt Jung. Die SPD sei dagegen weitgehend stabil und genieße hier ebenso wie bei den Themen „Abmilderung der steigenden Kosten“, „Bildung“, „Infrastruktur“ oder „Soziale Gerechtigkeit“ das meiste Vertrauen in der Landespolitik.
Bei der Energiepolitik, neben „steigende Preise/Kosten“ das wichtigste Thema, schneiden dagegen die Grünen besonders gut ab. Die FDP bricht bei einer starken bundespolischen Komponente der Landtagswahl beim Ansehen als Bundespartei ein. Sie kommt nur noch auf einen Wert von minus 0,2. 2017 waren es noch plus 0,9. Jung: „Die FDP wird abgestraft, weil sie in der Ampel-Koalition immer wieder Kritik einstecken muss. Parteichef und Finanzminister Christian Lindner ist unpopulär, deshalb setzt sich auch in Niedersachsen die Serie der Niederlagen der Liberalen fort.“
AfD schneidet stark ab
Noch ein Wort zur AfD. Sie hat ein sehr gutes Ergebnis erzielt, aber für nur 20 Prozent aller Befragten wurde die AfD wegen ihrer „politischen Forderungen“ gewählt, 71 Prozent gehen von einer „Denkzettelwahl“ aus, wobei sich die Kritik im AfD-Lager vor allem gegen die Politik und die Protagonisten im Bund richtet.
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