US-Republikaner - Andrea Römmele über die Absetzbewegungen von Donald Trump in seiner eigenen Partei

"Abgeordnete werden auf Distanz gehen"

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Andrea Römmele
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Andrea Römmele hofft, dass es bald um Sachthemen geht.

© Rinderspacher

Washington. Ich bin immer noch fassungslos. In der vergangenen Woche war das Augenmerk hier in den USA ganz auf Donald Trump gerichtet - genauer gesagt auf seine vermeintliche Selbstzerstörung. Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner teilt verbal nach allen Seiten aus und trifft dabei nicht nur seine Gegner, sondern vermehrt auch seine Freunde. Es ist derzeit kaum vorstellbar, dass diese Phase spurlos an Trump vorbeigeht, dass er sich vom damit einhergehenden Imageverlust erholen kann.

Der knappe Vorsprung, den er direkt nach dem Parteitag der Republikaner vor Hillary hatte, ist längst eingebüßt. Selbst ihm wohlgesonnene Fernsehsender wie FOX News sehen Hillary Clinton mittlerweile zehn Prozentpunkte voraus. Die Liste der Aussetzer wird immer länger: der Angriff auf die Familie des im Irakkrieg getöteten Soldaten; ein schreiendes Baby, das er während eines Vortrages rauswerfen lassen wollte, sein Unwissen über Russland und die Ukraine, seine Aussage, warum man denn Atomwaffen habe, wenn man sie nicht benutzen würde.

Zu alledem kommen nun auch Attacken gegen Parteifreunde, die er in ihren Wahlkreisen nicht unterstützen will. Dies eröffnet eine neue Dimension des Problems, das die Republikaner mit ihrem Spitzenkandidaten haben: Trumps Wissenslücken oder seinen ungeschliffenen Stil können seine Parteifreunde für ihn ausbügeln. Aber sie brauchen dafür die Gewissheit, dass Trump tatsächlich vorhat, die Partei zu einen, damit ein gemeinschaftlicher, schlagkräftiger Wahlkampf geführt werden kann, in dem neben der Präsidentschaft auch die Mehrheiten in Senat und eventuell sogar Repräsentantenhaus auf dem Spiel stehen.

Anzeige auch auf Spanisch

Wie aber soll es nun weitergehen? Die Republikaner scheinen das Ruder jetzt herumrumreißen zu wollen, hierfür gibt es erste klare Anzeichen. So kündigte ein Abgeordneter aus New York, Richard Hanna, als erster an, für Hillary Clinton stimmen zu wollen. Der überparteilich respektierte Parlamentarier hält Trump für nicht geeignet. Hanna kandidiert zwar nicht mehr, Mike Coffman aber schon. Der republikanische Abgeordnete aus dem Bundessstaat Colorado wirbt aktiv in einer Anzeige gegen den Präsidentschaftskandidaten der eigenen Partei - auf Englisch und auf Spanisch, um auch die Hispanics, eine wichtige Wählergruppe, zu erreichen.

Vor allem in hart umkämpften Wahlkreisen werden sich die republikanischen Kandidaten im Zweifel von Trump distanzieren müssen. Sie wollen nicht im November mit ihm untergehen. Dafür aber muss es ihnen gelingen, die Wählerinnen und Wähler davon zu überzeugen, im Zweifelsfall gemischt zu wählen: also eine Demokratin als Präsidentin und dennoch die republikanischen Kandidaten für Senat und Abgeordnetenhaus.

Aussetzer dominieren Wahlkampf

In den vergangenen Tagen war auch zu hören, Trump werde innerparteilich zur Rede gestellt. Fürs Erste haben sich führende Köpfe der Republikaner davon distanziert, aber auch so etwas gehört zum Spiel: Man testet zunächst einmal die Reaktion auf solche Ideen an, indem man sie in die öffentliche Debatte einbringt. Wie stark diese Bewegung in den nächsten Wochen sein wird, werden wir sehen. Stand heute wäre allen Seiten zu wünschen, dass in diesem Wahlkampf endlich einmal über Sachthemen diskutiert wird, und nicht immer nur über Aussetzer, Launen und Verschwörungstheorien eines Kandidaten. Unsere Autorin Andrea Römmele, Politikprofessorin aus Mannheim und Direktorin an der Hertie School of Governance in Berlin, erlebt den Wahlkampf in den USA hautnah: Sie unterstützt die Demokratin Hillary Clinton und deren Team.

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