Bildung - Nach ihrer Niederlage als CDU-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl macht sich die Kultusministerin öffentlich rar

Wo ist Susanne Eisenmann?

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Michael Schwarz
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Nach ihrem Scheitern als CDU-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl saß der Frust bei Susanne Eisenmann tief. © dpa

Stuttgart. Organisationschaos in den Schulen, Frust bei Schülern, Lehrern und Eltern – kaum geöffnet, müssen die meisten Schulen im Land von Montag an gemäß der Notbremse des Bundes schon wieder schließen. Erst am späten Freitagnachmittag fanden sich auf der Homepage des baden-württembergischen Kultusministeriums Informationen darüber, wie es am Montag weitergeht. „Mehr Chaos geht nicht. Mehr Organisationswahnsinn geht nicht. Und vor allem: Mehr Frust bei Kindern und Jugendlichen geht nicht“, kritisiert Monika Stein, Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW.

Susanne Eisenmann, noch amtierende Kultusministerin, macht sich indes öffentlich rar seit ihrer Niederlage als CDU-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl am 14. März. Dem Regierungschef Winfried Kretschmann hatte sie zugesagt, noch bis zur Bestellung einer neuen Regierung ordnungsgemäß ihr Amt fortzuführen. Doch Bildungsverbände und politische Opposition äußern Zweifel daran und fürchten, dass das Haus ausgerechnet in Pandemiezeiten führungslos ist, bis eine neue Regierung gebildet ist.

Stoch: Verheerender Zustand

„Den Eindruck, dass die Kultusministerin nicht mehr auf der Brücke ihres Hauses steht, haben derzeit viele Stellen im Land“, sagt SPD-Landeschef Andreas Stoch gegenüber unserer Redaktion. Ein solcher Zustand sei zwar zu jeder Zeit schlecht – in Zeiten der Pandemie sei dies aber verheerend. „Von einer Ministerin oder einem Minister kann man erwarten, dass das Amt bis zum Schluss professionell ausgefüllt wird“, so Stoch weiter. Es sei still um Eisenmann geworden, „seit ihr Amt nichts mehr zum Wahlkampf und zu ihren politischen Ambitionen beitragen kann“.

Auch FDP-Landtagsfraktionschef Hans Ulrich Rülke ist der Meinung, dass Eisenmann ihren Amtsgeschäften nicht mehr nachkommt. „Nach meinem Eindruck hat sich Frau Eisenmann aus ihren Amtsgeschäften zurückgezogen“, sagt Rülke. Allerdings habe er auch ein gewisses Verständnis. „Wie sagte doch dieser Tage der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft Ralf Kusterer über Herrn Strobl: ’Da werden Spitzenkandidatinnen noch am Wahlabend kaltgestellt, dass man nur Ekel empfinden kann.’ Bei einem solchen innerparteilichen Umgang bei der CDU verwundert es nicht, dass im Kultusministerium nicht mehr gearbeitet wird“, nimmt Rülke auch den CDU-Landeschef ins Visier.

„Die Kultusministerin ist seit der Landtagswahl nach unserer Wahrnehmung nicht mehr greifbar“, sagt Ralf Scholl, der Landesvorsitzende des Philologenverbandes. Seiner Wahrnehmung nach würden die Maßnahmen seit der Wahl aus dem Staatsministerium gesteuert. Auch die GEW-Landesvorsitzende Stein richtet Anfragen direkt ans Staatsministerium und nicht mehr ans Kultusministerium. Sie fürchtet aber, dass vor allem konzeptionelle Arbeit auf der Strecke bleibt: „Es ist absolut notwendig, jetzt schon Planungen dafür zu machen, wie die fachlichen und sozial-emotionalen Versäumnisse bei den Schülern aufgeholt werden können“, so Stein.

Ministerium weist Kritik zurück

Ein Sprecher des Kultusministeriums weist unterdessen am Freitag die Kritik zurück. „Der Vorwurf, Frau Eisenmann wäre als Kultusministerin abgetaucht, ist ebenso substanzlos wie absurd. Auch seit der Landtagswahl nimmt Ministerin Eisenmann ihre Amtsgeschäfte und Aufgaben als Kultusministerin vollumfänglich wahr“, sagt der Sprecher. Sie sei an den Entscheidungen der Landesregierung, die das Kultusressort betreffen würden, beteiligt und nehme auch weiterhin alle wichtigen Termine wahr. Sie habe ebenso am Schulgipfel der Landesregierung kurz vor Ostern teilgenommen wie regulär an den Treffen der Kultusministerkonferenz und des Ministerrats. „Lediglich bei einer Sitzung des Ministerrats fehlte sie entschuldigt.“

Auch im Staatsministerium tritt man offiziell dem Eindruck eines kopflosen Kultusministeriums entgegen. „Das Ministerium ist unter der Führung der Hausspitze vollumfänglich arbeitsfähig“, teilt der Regierungssprecher auf Anfrage mit. Abstimmungen mit dem Staatsministerium würden, wie auch vor der Wahl üblich, mit Staatsministerin Theresa Schopper durchgeführt. Aber selbstverständlich sei Frau Eisenmann in die ihr Ressort betreffenden Entscheidungen miteinbezogen, so der Sprecher.

Rückzug aus der Politik

Susanne Eisenmann, Jahrgang 1964, war in den 1990er Jahren persönliche Referentin des damaligen CDU-Landtagsfraktionschefs Günther Oettinger.

In den Jahren 2005 bis 2016 war sie Schulbürgermeisterin der Stadt Stuttgart, ehe sie dann von CDU-Landeschef Thomas Strobl als Kultusministerin in das grün-schwarze Kabinett geholt wurde.

Im internen Machtkampf um die CDU-Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2021 setzte sich Eisenmann dann gegen Strobl durch.

Nachdem die Südwest-CDU mit 24,1 Prozent bei der Wahl ihr historisch schlechtestes Ergebnis erzielte, erklärte Eisenmann, sich komplett aus der Politik zurückzuziehen. mis

Korrespondent

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