Kommunen - Angst um altes Gasthaus, aber keiner will für Schutzmaßnahmen zahlen

Wenn der Berg rutscht

Von 
Timo Lindemann
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Einsturzgefahr besteht bei diesem alten Gasthaus in Nordhessen.

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Kassel. Wer am Gasthaus Schwalbenthal in Nordhessen vorbeikommt, kann sommers wie winters eine besondere Aussicht genießen. Auf der einen Seite schweift der Blick über Meißnervorland und Werratal, im Hintergrund thront der höchste Berg Nordosthessens, der Hohe Meißner. Doch der ist ein Problem. Denn der Hang ist in Bewegung, Erdrutsche bedrohen das im ehemaligen Bergamt untergebrachte Lokal und den markanten Keudellbrunnen. Der Anbau des Gasthauses gibt schon nach, es besteht inzwischen Einsturzgefahr.

Der Bezirksdenkmalpfleger für den Werra-Meißner-Kreis, Tobias Wolf, macht sich für den Erhalt des Gasthauses stark. "Es ist ein wichtiges und schützenswertes Zeugnis der früheren Bergarbeitersiedlung", sagt er. Doch ob das Gebäude erhalten werden kann, ist offen.

Im Gasthaus wohnt noch der Eigentümer, der das Haus 2003 übernommen hat. Seine Gastronomie jedoch habe der Mann schon aufgeben müssen, weil die Küche gesperrt worden sei, berichtet der Bürgermeister von Meißner, Friedhelm Junghans (SPD).

Ein Geotechniker suchte nach den Ursachen für die Bewegung im Berg - und fand heraus, dass es sich dabei um eine Folge des Bergbaus handelt. In den Braunkohleflözen schwelen bis heute Brände, oft riecht es nach Schwefel. An der sogenannten Stinksteinwand in der Nähe des Gasthauses strömen seit 300 Jahren durch die Klüfte des Basaltes die Gase eines schwelenden Kohleflözes aus. Basaltblöcke rutschen auf tonigen Schichten in das Werratal. Wasser im Hang fördert die Bewegung noch. Im Jahr 1907 kam es zu einem Erdrutsch, dem fast alle Gebäude des Bergarbeiterdorfes Schwalbenthal zum Opfer fielen - bis auf das Haus Schwalbenthal.

Der Gutachter schlug 2010 umfangreiche Maßnahmen zur Rettung des Gasthauses vor - die Kosten dafür will aber niemand übernehmen, denn sie übersteigen wohl den Wert des Hauses. Ob Hessenforst, Amt für Straßen- und Verkehrswesen (ASV), Gemeinde, Landkreis oder Regierungspräsidium (RP): zuständig sind viele ein bisschen, aber keiner wohl so richtig.

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