Stuttgart. Beim Thema Kinderpornografie will der CDU-Fraktionschef Manuel Hagel das Darknet besser ausleuchten können. Im Interview legt er dar, wie das gehen soll.
Herr Hagel, Sie haben sich in den Etatberatungen stark für das Cybercrime-Zentrum eingesetzt, das nun eingerichtet werden soll. Was wird das bringen?
Gelernter Banker
Privates: Manuel Hagel, 35, stammt aus Ehingen, ist verheiratet und hat zwei Söhne. Nach der Realschule absolvierte er eine Banklehre, anschließend ein berufsbegleitendes Studium in Finanzmanagement. Vor seinem Wechsel in den Landtag leitete er eine Sparkassenfiliale.
Politisches: Mit 18 wurde Hagel CDU-Mitglied und machte schnell Karriere – erst in der Jungen Union, dann in seinem Kreisverband Alb-Donau-Ulm. Seit 2016 sitzt er im Landtag, 2021 übernahm er den Fraktionsvorsitz. luß
Manuel Hagel: Das Ziel ist ein Rechtsstaat, der auch im Cyberspace scharfe Zähne hat. Wenn sich für die Menschen die Bedrohungslage ändert, muss sich auch unsere Sicherheitsarchitektur ändern. Seit 2017 haben sich die Straftaten im digitalen Raum mehr als verdoppelt. Deshalb mussten wir als grün-schwarze Koalition handeln, anstatt nur zuzuschauen. Das ist ein Riesenschritt, bei dem wir aber nicht stehen bleiben dürfen.
Wo wollen Sie denn weitermachen?
Hagel: Cybercrime hat eine ganz widerliche Seite: Wir wollen im Kampf gegen Kinderpornografie Benchmark werden. Wer diese widerlichen Taten im Sinn hat, muss wissen: Wir leuchten das Darknet aus. Unsere Sicherheitsbehörden werden jeden jagen, aufspüren und bestrafen. Es darf keine Nachsicht geben mit diesen Verbrechern. Dazu brauchen wir drei Dinge. Erstens brauchen wir eine bessere personelle Ausstattung für den Kampf gegen diese Verbrecher. Dafür haben wir im Cybercrime-Zentrum mit 51 Spezialisten die Grundlage gelegt. Zweitens arbeiten wir an einer besseren technischen Ausstattung samt Instrumenten mit Künstlicher Intelligenz, die es zur Auswertung von Bildern braucht. Drittens brauchen wir wirkungsvolle rechtliche Möglichkeiten bei der Vorratsdatenspeicherung. Bei letzterem muss die Ampelregierung endlich handeln.
Zuletzt sah es nicht danach aus, als gäbe es da in Berlin eine schnelle Lösung. Warum ist Ihnen die Vorratsdatenspeicherung so wichtig?
Hagel: Wir bekommen viele Informationen aus dem Ausland, vor allem aus den USA. Wenn unsere Behörden nicht innerhalb der gegebenen Speicherzeiten von vier Wochen handlungsfähig sind, gibt es Fälle, wo die Datensätze gelöscht werden und die Verbrecher deshalb ungestraft davonkommen. Das ist ein Unding. Daten müssen im Kampf gegen Kinderpornografie und bei anderen Straftaten im Netz so lange gespeichert werden, dass kein Täter ungestraft davonkommt. Ich finde, das Land sollte sich dafür mit einer Bundesratsinitiative einsetzen.
Ist das mit Ihrem grünen Koalitionspartner zu machen?
Hagel: Wir müssen weg von der emotionalen Debatte: Vorratsdatenspeicherung ja oder nein. Wir Christdemokraten werben in unserer Koalition stark dafür, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Wir schlagen vor, bei der Vorratsdatenspeicherung differenziert vorzugehen und je nach Straftatbestand unterschiedliche Speicherzeiträume festzulegen. Man muss nicht für oder gegen Vorratsdatenspeicherung entscheiden, sondern konkrete Fälle identifizieren, wo Änderungen im Gesetz nötig sind. Dafür werde ich im Herbst einen Vorschlag machen.
Welche Zeiträume für die Speicherung schweben Ihnen vor?
Hagel: Aktuell speichern die Provider die Daten nur bis zu sieben Tage. Das reicht für die Kriminalitätsbekämpfung häufig nicht aus. Wenn der Verdacht auf eine Straftat X oder Y vorliegt, muss eine Speicherung für die Dauer der Ermittlung möglich sein.
Wäre es denn nicht die Aufgabe des Innenministers oder der Justizministerin, sich für den Kampf gegen Kinderpornografie einzu- setzen?
Hagel: Innenminister Thomas Strobl und Justizministerin Marion Gentges haben das Thema zum Topthema gemacht. Sie handeln wirkungsvoll. Jetzt ist es Zeit, das Tempo zu erhöhen, und das tun wir.
Was ist aus der CDU-Forderung geworden, wenigstens IP-Adressen im Kampf gegen Kinderpornografie zu speichern? Das hat der Europäische Gerichtshof 2022 zugelassen, und auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser macht sich dafür stark.
Hagel: Das halte ich nach wie vor für absolut richtig, weil die Speicherung der IP-Adresse natürlich die Identifikation der realen Person hinter der digitalen Nummer ermöglicht. Um Täter aufzuspüren, die meist mit Pseudonym unterwegs sind, brauchen die Ermittler Kenntnis und Zeit. Klar ist, eine solche Reform geht nicht ohne die Bundesregierung. Dort hören wir seit Monaten nur Gründe, warum es nicht geht. Das ist unwürdig bei der Schwere der Straftaten. Auch hier werben wir im Moment in unserer Koalition im Land, damit die Speicherung der IP-Adressen umgesetzt werden kann. Denn diese Maßnahmen haben eine präventive Wirkung auch vor der Straftat.
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