Grünen-Ex-Minister

Reizt Sie die Politik noch, Herr Bonde?

Alexander Bonde galt einst als Hoffnungsträger in der Landespolitik. Bis er 2016 recht abrupt von der politischen Bühne verschwand

Von 
Annika Grah
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Alexander Bonde pendelt heute zwischen Osnabrück, dem Schwarzwald – wo seine Familie lebt – und Berlin. © Christoph Schmidt/dpa

Stuttgart. Alexander Bonde war baden-württembergischer Landwirtschaftsminister, heute leitet er die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU). Vor zwei Jahren mischte er noch einmal bei den grün-schwarzen Koalitionsverhandlungen mit. Wäre die Landespolitik für ihn noch interessant? Wir haben nachgefragt.

Herr Bonde, wie geht es Ihnen?

Alexander Bonde: Gut! Wir machen Innovationsförderung für den Mittelstand. Und bei erneuerbaren Energien, Energieeffizienz, Klimaschutztechnologien und Rohstoffkreisläufen, da brummt der Markt gerade richtig. Insofern gibt’s wenig Sommerpause.

Wie viel Zeit verbringen Sie noch im Südwesten?

Bonde: Die Familie lebt im Schwarzwald, aber eine Einrichtung wie unsere muss man vor Ort führen, also teilt sich meine Zeit zwischen Osnabrück, dem Schwarzwald und Berlin.

Wären Sie gerne noch Landesminister in Baden-Württemberg?

Bonde: Ich hatte eine aktive Zeit und konnte hier viel machen: den Nationalpark umsetzen, das Biosphärengebiet, Agrarförderprogramme ökologisieren. Aber wenn ich auf die großen Herausforderungen Klimakrise und Artenschwund schaue, dann kann ich jetzt wahrscheinlich sogar mehr gestalten. Lösungen für Umwelt- und Klimaschutz gemeinsam mit der Wirtschaft ganz konkret umsetzen, das ist spannend und bringt konkrete Ergebnisse.

Gegen den Nationalpark gab es viel Widerstand. Haben Sie damals mal daran gedacht hinzuschmeißen?

Bonde: Ich war immer überzeugt, dass wir ihn aus Verpflichtung zur Natur brauchen, dass wir nicht als reiches Land sagen, alle sollen schützen, und in Afrika können die Parks gar nicht groß genug sein, aber wir kriegen nicht mal 10 000 Hektar hin. Und ich war immer überzeugt, dass es ein Projekt ist, das der Region gut tut.

Sie haben nach Gerüchten über eine außereheliche Affäre nach der Wahl 2016 kein Ministeramt mehr angetreten – auch, um ihre Familie zu schützen. War das eine Intrige?

Bonde: Ich glaube, das ist rückblickend im Kern egal. Ich habe mich damals entschieden, den Schritt zu machen und aus der Politik auszusteigen. Man muss nicht alles mit sich machen lassen. Für mich war das der Zeitpunkt, mich zu neuen Ufern aufzumachen. Das habe ich nicht bereut.

2021 tauchten Sie aber noch mal bei den grün-schwarzen Koalitionsverhandlungen auf. Was hatten Sie denn da zu suchen?

Bonde: Wir sind als Innovationsförderer die Profis für ökologisches Wirtschaften, Klimaschutztechnologien und modernen Naturschutz. Dazu sind wir mit den demokratischen Parteien im Gespräch und arbeiten mit verschiedenen Landesregierungen zusammen. Auf Anfrage habe ich diese Expertise dann auch in die Koalitionsverhandlungen mit eingebracht.

Juckt es Sie also doch, im Land noch mal mitzumischen?

Bonde: Da, wo ich bin, habe ich noch einiges vor. Man soll ja niemals nie sagen, wenn die Zeit bis zur Rente noch lange ist. Aber der Weg zurück in die Politik ist nicht das, was ich anstrebe.

Wir sitzen hier im Rothaus im Gerber. Kommen da Erinnerungen hoch?

Bonde: Als Thomas Schäuble als Rothaus-Alleinvorstand auf tragische Weise ausfiel, war ich gerade zwei Monate als Aufsichtsratsvorsitzender der Brauerei im Amt. Ich habe dann durchgesetzt, dass wir mit Christian Rasch einen Fachmann finden. Eines der Ziele war, das Unternehmen in eine nachhaltige Spur zu bringen, und die ersten Investitionen haben wir gleich eingeleitet. Natürlich verfolge ich immer noch, wie sich Rothaus entwickelt und jetzt sogar recht schnell klimapositiv werden wird. Auch da: Schön, wenn ein Plan aufgeht!

Sie waren Minister für den ländlichen Raum, als der erste Wolf wieder im Land auftauchte. Wären Sie heute für Abschuss?

Bonde: Damals war es eine Sensation, dass wir den ersten überfahrenen Wolf im Badischen aufgefunden haben. Der zweite kam dann umgehend im Schwäbischen. Das ist eine andere Situation als heute. Als Stiftung sind wir der größte private Waldbesitzer in Deutschland und viel in Regionen unterwegs, wo unsere Pächter mit Schafherden im Gebiet großer, etablierter Wolfsrudel arbeiten. Davon sind wir hier im Südwesten noch weit weg. Mit modernem Herdenmanagement ist die Koexistenz von Nutztierhaltung und Wölfen möglich. Das bedeutet allerdings einen deutlichen Mehraufwand, bei dem die Politik die Schäfer noch mehr unterstützen muss.

Problemwölfe können heute schon entnommen werden. Vielleicht müssen wir auch etwas weniger darüber sprechen, den Wolf zu jagen, und auch mal darüber, wie Jagd im Umfeld des Wolfes funktioniert. Wenn das natürliche Essen des Wolfes vorhanden und der Wald sein wohlgedeckter Tisch ist, dann ist die bewachte Schafherde für ihn uninteressant. Auch das ist in der Umsetzung nicht einfach, aber vielleicht einen Gedanken wert.

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