Mannheim. Der Ampel-Koalition in Berlin sei Dank: Die Autofahrer dürfen sich über den Tankrabatt freuen, und im Nahverkehr gibt’s für alle das 9-Euro-Ticket. Und was ist mit den Radfahrern, bekommen die als Ausgleich jetzt neue Radhelme geschenkt? Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) findet diese provokante Frage bei der Pressekonferenz am Donnerstag in Mannheim nicht witzig.
Kein Wunder, die Beschlüsse der Bundesregierung zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger gefallen dem Minister nicht - dass auch seine Partei daran mitgewerkelt hat, macht die Sache nicht besser. Er kritisiert bei der Vorstellung des Radreports 2022 die Weigerung des Bundes, genügend Fördermittel für den Radverkehr lockerzumachen.
Überraschend positiv fällt dagegen Hermanns Bilanz beim 2. Radkongress Baden-Württemberg in der Quadratestadt aus: „Wir liegen deutschlandweit an der Spitze, die anderen Bundesländer schauen auf uns.“ Klingt für Leute, die den Radleralltag aus eigener Erfahrung kennen, eher geschönt. Doch es kommt ja auch immer auf den Bezugsrahmen an. „Vor zehn Jahren war Baden-Württemberg das Schlusslicht, jetzt haben wir die Führung in der Radverkehrspolitik übernommen“, sagt Hermann. Anders ausgedrückt: Seitdem er Minister ist - Amtsantritt war 2011 -, haben die Radfahrer einen bekennenden Lobbyisten, der nach seiner Selbsteinschätzung viel im Südwesten bewegt hat.
Attraktive und sichere Radwege sind wichtig
Das Radwegenetz in Baden-Württemberg soll in den nächsten Jahren auf rund 7500 Kilometer ausgebaut werden, 500 Kilometer fehlen noch. Hermanns Ziel: ein Anteil des Radverkehrs von 20 Prozent bis 2030. Der Report gibt Aufschluss darüber, wo Baden-Württemberg steht. Spitzenreiter ist der Stadtkreis Heidelberg. Dort liegt der Radverkehrsanteil bei 26 Prozent. Den zweiten Platz teilen sich die Stadtkreise Freiburg und Karlsruhe mit 23 Prozent. Danach folgen Mannheim und der Ortenaukreis mit jeweils 17 Prozent.

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Die Schlusslichter bilden Waldshut, Pforzheim und der Neckar-Odenwald-Kreis mit je drei Prozent. Die Landkreise Rhein-Neckar (zwölf) und Main-Tauber (acht) reihen sich irgendwo dazwischen ein. Die Unterschiede fallen insgesamt krass aus. Hermann hält das 2030-Ziel dennoch für erreichbar. „Die Vorreiterkommunen zeigen, wie es geht: 25 Prozent in den Städten und 15 Prozent auf dem Land. Radverkehrsförderung ist längst nicht mehr nur ein Großstadtthema“, erklärt er seine Strategie, weiß aber auch: „Bei der Umsetzung brauchen wir zupackendes Handeln.“
Der Umstieg aufs Rad hängt natürlich wesentlich davon ab, wie durchgängig, attraktiv und sicher die Radwege sind. „Die Kommunen planen mehr Radverkehrsprojekte als je zuvor. Wir haben allein in diesem Jahr neue Projekte mit einem Fördervolumen von fast 100 Millionen Euro ins Programm aufgenommen“, sagt Hermann. Jetzt gehe es darum, von der Planungsphase zur Umsetzung zu kommen.
Veraltete Zahlen
Leider sind die Zahlen in dem Radreport veraltet. Die Basis ist eine bundesweite Untersuchung aus dem Jahr 2017. „Das ärgert mich selber“, sagt Hermann und findet zum Abschluss auch noch nette Worte für Mannheim, das ja Gastgeber des Kongresses mit seinen 400 Besuchern ist. „Mannheim hat aufgeholt, da hat sich vieles verbessert in den vergangenen zehn Jahren.“
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