Politik

Prominente Gesichter für die Bundestagswahl im Südwesten

Der Bundestagswahlkampf ist kurz. Umso besser ist es für die Parteien, wenn sie mit bekannten Gesichtern werben können. Das sind die Spitzenkandidaten der großen Parteien im Südwesten

Von 
Annika Grah, Bärbel Krauß und Christian Gottschalk
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Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU, geht für die CDU ins Rennen. © Sebastian Gollnow

Stuttgart. Wenn die Parteien im Südwesten nach dem Jahreswechsel in den kurzen Bundestagswahlkampf ziehen, müssen sie nicht erst auf bekannte Gesichter aus dem Bund warten. Sie haben selbst einige in den eigenen Reihen und auf den vorderen Plätzen der Landeslisten platziert. Das sind die Spitzenkandidaten der größten Parteien in Baden-Württemberg.

Der Ex-Oberbürgermeister Thorsten Frei (CDU)

Es will schon etwas heißen, wenn einer acht Jahre Oberbürgermeister ist und dann mit 99,4 Prozent wiedergewählt wird. Bei Thorsten Frei war das so, bevor er 2012 vom OB-Posten in Donaueschingen in den Bundestag gewechselt ist. Seither hat der 51-jährige Jurist, der verheiratet ist und drei Kinder hat, eine steile Karriere gemacht. Als Parlamentsgeschäftsführer der Union im Bundestag hat er einen der medienwirksamsten Posten, die in der Opposition zu vergeben sind. Frei zeichnet aus, dass er stets freundlich ist und so auch knackig konservative Positionen vorzutragen versteht. Von ihm stammte das Plädoyer, das individuelle Recht auf Asyl abzuschaffen und durch eine Kontingentlösung zu ersetzen. Seine Rhetorik ist nicht donnernd, eher flehentlich. Zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl hat die Südwest-CDU ihn mit 96,3 Prozent gewählt. Damit ist er Nachfolger von Wolfgang Schäuble, der diesen Platz seit Jahrzehnten innehatte.

Die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel

Wenn Alice Weidel bei den Parteitagen ihres Landesverbandes in der Halle sitzt, dann muss nicht nur sie einiges ertragen. Sie tut es meist mit Langmut und irgendwo in der Mitte des Saales, eingebettet in die Delegierten ihres Kreisverbandes.

Alice Weidel gibt bei der AfD auch im Land den Ton an. © Carsten Koall/dpa

Wenn die Vorsitzende der Bundespartei und Spitzenkandidatin dann auf der Bühne steht, bebt der Saal. So gut wie die Frau, die sich nun Kanzlerkandidatin nennt, beherrscht kaum jemand die Klaviatur, um den eigenen Anhang in Wallung zu versetzen. Und ganz offenbar versteht sie es auch, im Verborgenen die Strippen zu ziehen. Der einst ziemlich querulatorische Landesverband ist auf Linie, auf Weidel-Linie. Da haben die Landesvorsitzenden Markus Frohnmaier und Emil Sänze ihren Anteil dran, aber eben auch das prominenteste Pferd im baden-württembergischen Stall. Wer aufgemuckt hatte, der ist heute nicht mehr da, so einfach ist das. Weidel will Macht, nicht nur im Landesverband. Im Bund heißt das auch: irgendwie umgehen mit Björn Höcke. Vor nicht all zu langer Zeit wollte Weidel den Extremisten aus der Partei werfen. Nach dessen Wahltriumph in Thüringen gab es Bussis für den Mann. Weidels Umgang mit ihm wird maßgeblich davon abhängen, was sie sich verspricht - für sich selbst.

Die SPD-Parteichefin Saskia Esken

Eine Menschenfängerin ist Saskia Esken, SPD-Bundesparteichefin, Abgeordnete aus dem Wahlkreis Calw/Freudenstadt und Spitzenkandidatin der Südwest-SPD für die anstehende Bundestagswahl, eher nicht. Dazu ist ihre Ausstrahlung zu harsch, ihre Rhetorik zu aggressiv.

Saskia Esken ist Spitzenkandidatin der Südwest-SPD. © Kay Nietfeld/dpa

Aber Durchhaltevermögen kann der 63-jährigen Informatikerin, die verheiratet ist und drei erwachsene Kinder hat, nach fünf Jahren an der Parteispitze niemand mehr absprechen. Eskens Aufstieg ist untrennbar mit Olaf Scholz verknüpft. Erst hat sie - zusammen mit ihrem Tandempartner Norbert Walter-Borjans - Scholz‘ Aufstieg an die Parteispitze verhindert, um ihn später im Wahlkampf und in der Regierungszeit der Ampel - dann schon mit Mitparteichef Lars Klingbeil - aufs Engste zu unterstützen. Nur „soziale Demokratie“ biete den Menschen die Chance, ihre eigene Lebensgeschichte zu schreiben, betonte sie bei ihrer Bewerbung um den Spitzenplatz auf der SPD-Landesliste. Ihr Wahlkampfrezept: harte Attacken gegen den CDU-Herausforderer Friedrich Merz, der nur den Reichen etwas biete.

Die Grünen-Parteichefin Franziska Brantner

Im Grunde hat sich Franziska Brantner schon im Sommer positioniert, als sie ihre Spitzenkandidatur für die Südwest-Grünen ankündigte: Damals hat sie ausweichend reagiert auf die Frage, was denn mit Ricarda Lang sei. Nun belegen die Co-Bundeschefin der Grünen und ihre Vorgängerin Platz eins und zwei der Landesliste.

Franziska Brantner hat viel Rückhalt bei den Grünen im Land. © Bernd Weißbrod/dpa

Brantner geht damit gleich zwei Mal als Siegerin hervor. Dabei ist die Habeck-Vertraute keine, die besonders laut aufgetreten wäre. Die blitzgescheite Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium hat eher mit wohl gesetzten Debattenbeiträgen gepunktet als mit lautem Wahlkampfgepolter. Brantner sitzt seit 2013 im Bundestag, davor war sie im EU-Parlament. Sie zählt zum Realo-Flügel der Grünen, der in Baden-Württemberg besonders stark ist, wie sich beim Listenparteitag wieder einmal zeigt. Ob sie mit ihrem wirtschaftsrealistischen Kurs, der auch eine Allianz mit der CDU nicht ausschließt, bundesweit punkten kann, muss sich zeigen.

Die FDP-Generalin Judith Skudelny

Der Versuch einer Kampfkandidatur gegen Judith Skudelny schlug fehl. Zu plump war der Versuch des FDP-Rebellen aus Göppingen, Georg Gallus. Ausgerechnet mit den Nebenverdiensten wollte er die Stuttgarter Abgeordnete ins Straucheln bringen. Skudelny ist erfolgreiche Anwältin, Partnerin in einer Kanzlei. Ihr das in der Partei der Anwälte und Unternehmer zum Vorwurf zu machen, schlug erwartungsgemäß fehl. Die 49-Jährige sitzt seit 2009 im Bundestag und ist seit fast zehn Jahren Generalsekretärin der Südwest-Liberalen. Da scheint es überfällig, dass die zweifache Mutter neben den älteren weißen Herren in den eigenen Reihen noch stärker in Erscheinung tritt. Nachdem Michael Theurer zur Bundesbank wechselt, ist ihre Zeit als Spitzenkandidatin gekommen. Vielleicht bekommt sie dann in der neuen Legislatur auch in der Bundestagsfraktion eine größere Chance, als die bei der FDP eher undankbare Rolle der Sprecherin für Umwelt- und Verbraucherschutz.

Jessica Tatti (BSW) und Sahra Mirow (Linke)

Für die Linke und die Abspaltung BSW gehen in Baden-Württemberg ebenfalls alte Bekannte ins Rennen. Platz eins der Landesliste der Linken bekommt die langjährige Landessprecherin Sahra Mirow. Für das BSW geht die frühere Linken-Abgeordnete Jessica Tatti ganz vorne mit ins Rennen, die im vergangenen Jahr zu der neu gegründeten Partei gewechselt ist.

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