Frankfurt. Aus der 25 Quadratmeter großen Wohnküche des historisch anmutenden Neubaus "Markt 40" fällt der Blick direkt auf das Rathaus Römer. Die künftigen Bewohner der drei Wohnungen in der Rekonstruktion am "Markt 26" schauen dagegen auf den Kaiserdom. Die ersten Wohnungen in den 35 Häusern der neuen Frankfurter Altstadt sind schon bald bezugsfertig. 5000 bis 7000 Euro hat der Quadratmeter gekostet. Im April sollen die ersten Mieter und Eigentümer einziehen - gut sechs Jahre nach der Grundsteinlegung für das in der Fachwelt noch immer umstrittene Projekt der Altstadtrekonstruktion.
Die Fassaden der 20 Neubauten und 15 Rekonstruktionen sind fast fertig. Der Innenausbau der rund 70 Wohnungen und etwa 20 Läden und Lokale ist in vollem Gang. Vor dem dreitägigen Bürgerfest, mit dem die Altstadt offiziell im September 2018 eröffnet wird, soll schon ein wenig normales Leben in das neue Quartier eingekehrt sein, wie der Geschäftsführer des Bauherrn Dom Römer GmbH, Michael Guntersdorf, sagt. So werde es Anfang Februar voraussichtlich schon mal ein "Pre-Opening" (Vor-Eröffnung) der rekonstruierten Altstadt geben.
7000 Quadratmeter großes Areal
Etwa 160 Menschen werden künftig in dem rund 7000 Quadratmeter großen Quartier zwischen Dom, Römerberg und Kunsthalle Schirn wohnen, auf dem früher das Technische Rathaus stand. "Die neue Altstadt wird mit ihrer Mischung aus Wohnungen, Geschäften, Cafés und Restaurants ein beliebter Treffpunkt für Bürger und Gäste unserer Stadt sein", sagt Oberbürgermeister Peter Feldmann. "Das Interesse ist groß, es gibt schon unglaublich viele Nachfragen", berichtet er.
Fast 200 Bewerber habe es für die Geschäfte und die Gastronomie anfangs gegeben, sagt Geschäftsführer Guntersdorf. Für die rund 70 Wohnungen meldeten sich fast 900 Interessenten. Darunter sei auch eine Handvoll Prominenter, die aber nicht bekanntwerden wollten - mit Ausnahme von Ex-Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), die eine kleine Wohnung erstanden habe.
Rund 200 Millionen Euro kostet das gesamte Altstadt-Projekt. Der Verkauf der Wohnungen und Museen brachte laut Guntersdorf rund 90 Millionen Euro ein. Wie viel die Stadt davon genau trägt, sei noch offen. "Aber wohl weniger als ursprünglich gedacht."
Kritische Stimmen kommen dagegen aus der Fachwelt. Architekt Benedikt Crone bilanziert: "Dass es bei den Rekonstruktionen offensichtlich zuerst ums Können geht und dann um Kreativität, findet bei den Neuschöpfungen keinen umgekehrten Widerhall."
"Die Altstadt steht auf einer Tiefgarage, ist also von oben bis unten ein Fake", sagt Benedikt Hotze, Sprecher des Bundes Deutscher Architekten. Solche Rekonstruktionen würden in der Fachwelt inzwischen aber als legitime Möglichkeit angesehen und nicht mehr geächtet, betont Hotze. Der Wiederaufbau der Altstadt sei ein Kommerzobjekt und helfe daher dem Tourismusmarketing.
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