Mainz. Eine Klinik, ein Arzt und eine Medizinstudentin müssen für ein folgenschweres Versehen nach einer Schönheits-Operation haften. Das entschied das Landgericht gestern in Mainz. Die konkreten Beträge will das Gericht nach einer weiteren Beweisaufnahme festlegen.
Eine Medizinstudentin schob Nachtwache in einer Mainzer Klinik, griff zu einem Narkosemittel und verabreichte es einer Patientin. Ein folgenschwerer Fehler: Die Frau fiel ins Koma. Drei Jahre ist das nun her. Jetzt hat sich der Ehemann der zweifachen Mutter vor Gericht durchgesetzt. Der Ehemann hatte auf Schadenersatz von mehr als 800 000 Euro für die Pflege geklagt.
Standards nicht eingehalten
In seiner Urteilsbegründung sagte der Richter, die Klinikorganisation habe dazu geführt, dass medizinische Standards nicht eingehalten werden konnten. Er teilte die Einschätzung der Sachverständigen. Diese hatten kritisiert, dass die Betreuung einer frisch operierten Patientin nicht einer Studentin alleine hätte anvertraut werden dürfen.
Dagegen konnte der Anästhesist nach Ansicht des Gerichts nicht davon ausgehen, dass die Nachtwache kein medizinisches Fachpersonal war. Er hafte nicht für den Vorfall. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Fall sei besonders tragisch, weil kein klassischer Behandlungsfehler vorliege, sagt Rechtsanwältin Michaela Bürgle. "Es ist nicht so, dass einem Arzt das Messer ausgerutscht ist."
Bürgle vertritt klagende Patienten in ganz Deutschland, pro Jahr nimmt sie nach eigenen Angaben rund 150 neue Fälle an. Dazu gehörten Geburtsschäden, Beschwerden über künstliche Kniegelenke, aber auch schwere Behandlungsfehler.
Insgesamt lässt sich die Zahl der Behandlungsfehler nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit nur schätzen - die Annahmen reichten von 40 000 bis zu 170 000 jährlich.
Auch im Bereich der Schönheits-Operationen existieren laut der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) keine bundesweiten Zahlen zu Komplikationen und Fehlern bei oder nach Eingriffen. Im Jahr 2011 zählte die Gesellschaft rund 138 500 ästhetische Operationen. lsw
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