Bildung

Kommt nun die gymnasiale Wende?

Initiative fordert die Rückkehr zum neunjährigen Abitur

Von 
Bärbel Krauss
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Das achtjährige Gymnasium wird seit seiner Einführung kritisiert. © Felix Kästle/dpa

Stuttgart. Die Elterninitiative G9 hat jetzt den ersten Schritt unternommen, um die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium über ein Volksbegehren im Land durchzusetzen. Laut dem elfseitigen Gesetzentwurf, den die Initiatoren dem Landtag zugesandt haben, soll das neunjährige Gymnasium zum nächstmöglichen Zeitpunkt in Baden-Württemberg wieder die Regelschule bis zum Abitur werden. G8-Züge, die den Weg zur Hochschulreife an den allgemeinbildenden Gymnasien ein Jahr schneller zurücklegen –was aktuell die Regel im Land ist –, sollen von den Schulen nur noch bei Bedarf angeboten werden.

„Hierdurch wird dauerhaft und flächendeckend eine Wahlfreiheit zwischen G9 und G8 ermöglicht“, heißt es in dem Volksantrag. „Wir möchten, dass nicht nur die künftigen Fünftklässler zwischen dem neun- und dem achtjährigen Weg zum Abitur im Gymnasium wählen können“, betonte Anja Plesch-Krubner, eine Sprecherin der Initiative. „Auch für die aktuellen Sechst- bis Zehntklässler muss so bald wie möglich Wahlfreiheit gelten.“

Koalition erteilt klare Absage

Im Landtag gibt es für die laufende Wahlperiode keine Mehrheit für ein solches Vorhaben. Im Koalitionsvertrag haben Grüne und CDU Strukturdebatten eine klare Absage erteilt, weil sie sich nicht auf groß angelegte Schulreformprojekte verständigen können. „Das achtjährige Gymnasium bleibt die Regelform“, heißt es dort ausdrücklich.

Der Volksantrag beim Parlament ist eine Möglichkeit, die die Landesverfassung Bürgern einräumt, um Gesetzesinitiativen, die Landtag und Landesregierung nicht selbst auf den Weg bringen, bei entsprechenden Mehrheiten zum Durchbruch zu verhelfen. „Der Landtag hat sich mit dem Volksantrag zu befassen, wenn dieser von mindestens 0,5 vom Hundert der Wahlberechtigten gestellt wird“, heißt es in Artikel 59 der Landesverfassung.

Begründet wird die Forderung nach einer Rückkehr zur neunjährigen Vorbereitung des Abiturs damit, dass im G8 vielen Schülern die Zeit fürs Üben und die Vertiefung der Lernstoffe fehle und dass die Persönlichkeitsentwicklung bei dem straffen Zeitplan zu kurz komme. Seit Einführung des achtjährigen Gymnasiums in Baden-Württemberg 2004 ist die Kritik am überzogenen Druck und den übervollen Stundenplänen nie abgerissen.

Die Initiative G9 hat in den vergangenen Jahren bereits 60 000 Unterschriften für eine Petition gesammelt, die im Landtag allerdings kein Echo fand. Das Verfahren vom Volksantrag bis zum Volksbegehren ist nicht ganz einfach. Um den Prozess zu starten, brauchen die Befürworter laut Landesverfassung fast 39 000 Unterschriften. Findet der Volksantrag in unveränderter Form im Landtag keine Mehrheit, kann er Gegenstand eines Volksbegehrens werden.

Das Kultusministerium hat den Antrag zur Kenntnis genommen und arbeitet, „wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, an einer Weiterentwicklung des achtjährigen Gymnasiums“, hieß es auf Anfrage. „Wir haben in Baden-Württemberg bereits ein flächendeckendes Angebot für das Abitur in neun Jahren“, setzte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hinzu. „Das ist an unseren G9-Modellstandorten möglich, es ist an den Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe möglich und an unseren beruflichen Gymnasien.“

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