Mannheim/Stuttgart. Die Bundesregierung soll Kasernen mit Rabatt an die Kommunen vor Ort verkaufen. Dies verlangt die baden-württembergische Landesregierung in einer Bundesratsinitiative, die sie nächsten Freitag zusammen mit Nordrhein-Westfalen in der Länderkammer einbringen wird. Nutznießer eines solchen Rabattes könnten die Städte Mannheim und Hardheim sein, die gerade mit dem Bund um die Übernahme von Militärflächen feilschen.
"Für diese Gesetzesänderung ist es jetzt einfach Zeit", begründet Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) den Vorstoß. Durch die Einsparungen beim Kaufpreis werde die "Gestaltungskraft der Kommunen erheblich gestärkt". Von den Preisabschlägen erhofft sich der SPD-Politiker eine schnellere Umnutzung der aufgelassenen Militärareale. Schmid stellt die eigene grün-rote Regierung als Vorbild dar: Seit letztem Jahr gibt das Land eigene Flächen verbilligt an Städte ab, wenn die darauf Sozialwohnungen bauen.
Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hatten schon 2012 einen Vorstoß zur Änderung des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) gemacht und eine Mehrheit der Länderkammer hinter sich gebracht. Aber der damals noch schwarz-gelb dominierte Bundestag schob das Projekt auf die lange Bank. Deshalb ist jetzt ein neuer Anlauf notwendig.
Mannheim will kaufen
Durch den Einstieg der SPD hat sich die politische Großwetterlage für die Länder inzwischen deutlich verbessert. In ihrem Koalitionsvertrag stellen Union und SPD eine "verbilligte Abgabe von Grundstücken" für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Aussicht. Bis zu 100 Millionen Euro will die Große Koalition bundesweit in den nächsten vier Jahren dafür einsetzen.
Mit 144 Hektar ist das Mannheimer Benjamin-Franklin-Village eine der großen Liegenschaften, die von der US-Armee geräumt sind. Die Stadt hat bereits den Antrag auf verbilligte Grundstücksabgabe gestellt. Der Konversionsbeauftragte Konrad Hummel möchte das Geschäft bis Ende des Jahres über die Bühne bringen. "Wir sind in Gesprächen", bestätigt Hummel.
Daneben hat die Landesregierung eine Liste mit frei werdenden Bundeswehrkasernen zusammengestellt, für die ein Nachlass besonders wichtig wäre. Dazu zählt die Carl-Schurz-Kaserne in Hardheim, die ab Mitte 2017 für zivile Nachnutzer zur Verfügung stehen soll. Weitere Standorte sind Ellwangen, Sigmaringen und Meßstetten. Die betroffenen Gemeinden erarbeiten gerade Nutzungskonzepte. Die grün-rote Landesregierung übernimmt 80 Prozent der Planungskosten.
"Wir sind guter Dinge, dass es jetzt Fortschritte gibt", sagt Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne). Es sei auch im Interesse des Bundes, für leere Kasernen schnell eine zivile Nutzung zu finden. Sonst müssten die Gebäude "über viele Jahre mit erheblichem Einsatz von Steuergeldern vor dem Verfall bewahrt werden".
Bisher ist die BImA per Gesetz verpflichtet, beim Verkauf von Kasernen den "höchstmöglichen Marktpreis" zu erzielen, erläutert Konversionsspezialist Hummel. Die Länder wollen erreichen, dass künftig strukturpolitische Ziele "gleichrangig" berücksichtigt werden. Durch finanzielle Abschläge beim Kaufpreis könnten dann ertragsschwache Konversionsprojekte realisiert werden. Ein Verkauf soll auch möglich sein, wenn "ein positiver wirtschaftlicher Ertrag nicht zu erzielen ist". Insider gehen davon aus, dass der Bund einer solchen Gesetzesänderung nicht zustimmen wird, sondern der BImA per Ausnahmeregel die Rabattlösung erlaubt.
Konversion als Mammutaufgabe
Durch den Abzug der US-Armee werden in Mannheim Kasernen mit einer Fläche von 510 Hektar frei. In
Heidelberg räumen die Amerikaner 200 Hektar mit 2300 Wohnungen. Dazu kommen in der Metropolregion
noch zwei Kasernen in Schwetzingen.
Dagegen liegen die Kasernen der Bundeswehr oft in strukturschwachen ländlichen Regionen. In Hardheim (Neckar-Odenwald-Kreis) zieht die Armee aus einem Ort mit 7000 Einwohnern 1000 Dienstposten ab.
Das 2011 von der Bundesregierung beschlossene Standortkonzept sieht vor, dass bundesweit mehr als 120 von 400 Kasernen ganz geschlossen oder drastisch verkleinert werden.
In Baden-Württemberg betrifft der Räumungsbeschluss neben Hardheim fünf weitere Kasernen. Am schnellsten hat die Gemeinde Immendingen einen Ausgleich gefunden. Dort baut der Autokonzern Daimler eine neue Teststrecke auf Militäraream. pre
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