Kommunen - Die Gemeinde Rickenbach will ihren Bürgermeister loswerden / Verhältnis nicht mehr zu kitten

Intrigen im Schwarzwald-Dorf

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Michael Schwarz
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Hat Norbert Moosmann den Anschlag auf sich nur inszeniert? Die Rickenbacher sind davon überzeugt, sie wollen ihren Bürgermeister nicht mehr in der Gemeinde sehen.

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Rickenbach. Die Gemeinde Rickenbach liegt mitten im Hotzenwald, einem Gebiet im Schwarzwald, das viele Touristen anlockt. Dass der Hotzenwald etwas mit der Kinderbuchfigur Räuber Hotzenplotz zu tun hat, wird häufig behauptet, ist jedoch falsch. Mit einem anderen Namen würden die Rickenbacher gerne auch nicht in Verbindung gebracht werden. Es geht um Norbert Moosmann, den Bürgermeister des 3800-Seelen-Ortes.

Anschlag vorgetäuscht?

Es ist die Geschichte einer Gemeinde, die vor fünfeinhalb Jahren einen Mann zu ihrem Rathauschef gewählt hat, den die Menschen lieber heute als morgen aus ihrer Erinnerung streichen würden. Es geht um persönliche Enttäuschungen, Missmanagement, Lügen und Intrigen. Es geht um Farbschmierereien, Morddrohungen, Attentate. Der Streit zwischen Moosmann und den Rickenbachern gipfelte darin, dass auf den 41-Jährigen ein Anschlag mit einem Molotow-Cocktail verübt worden sein soll. Das behaupten Moosmann und sein 37-jähriger Lebensgefährte. Ob ihre Version stimmt, darüber entscheidet jetzt das Landgericht Waldshut. Es muss beurteilen, ob der Bürgermeister den Anschlag vorgetäuscht hat.

Hubert Strittmatter sitzt am Besprechungstisch in dem Zimmer, in dem eigentlich Moosmann arbeiten sollte. Doch dieser wurde inzwischen vom Landratsamt Waldshut für dienstunfähig erklärt und in den Ruhestand versetzt, wogegen Moosmann klagt. Strittmatter ist ein 52-jähriger Maschinenbaumeister, der gerade als einer von drei ehrenamtlichen Rathauschefs die Geschäfte der Gemeinde am Laufen hält. "Die Bürger sind maßlos enttäuscht. Man hofft nur noch auf ein Ende", sagt er. Ständig krank sei Moosmann gewesen. Obwohl er vor der Wahl versprochen habe, nach Rickenbach zu ziehen, habe er größtenteils im 90 Kilometer entfernten Bad Krotzingen gewohnt. Im Gemeinderat habe er keine Meinung außer seiner eigenen gelten lassen und sei herrisch aufgetreten. Mit abstrusen Ideen wie dem Kauf eines Kinderheimes, das er zum neuen Rathaus umbauen wollte, habe er sich unbeliebt gemacht.

Als es um den Bau eines 1,9 Millionen teuren Hochbehälters ging, habe Moosmann gesagt, die Gemeinde könne das Projekt nicht schultern und sei pleite. "Dabei war das Geld dafür vorhanden", so Strittmatter. Der Bürgermeister sei nicht in der Lage gewesen, einen Haushaltsplan richtig zu lesen. Man könnte sich mit dem Gemeinderatsmitglied wohl noch Stunden über die Versäumnisse Moosmanns unterhalten. Doch alles Klagen der Rickenbacher bringt nichts. Entschieden wird der Fall vor den Gerichten.

Blick schweift in die Ferne

Eines davon ist das Landgericht Waldshut. Dort hört Moosmann fast regungslos den Ausführungen von Richter Bernhard Seyffert zu. Es ist der dritte von fünf Verhandlungstagen. Moosmanns Blick schweift in die Ferne, als würde er nach einem Fluchtweg suchen. Sein Freund hat drei Plätze weiter links Platz genommen. Zwischen den Männern sitzen ihre beiden Verteidiger.

Heute geht es unter anderem um das Fahrzeug, mit dem der potenzielle Attentäter am 3. Juli 2011 vor dem Rickenbacher Rathaus vorgefahren ist. Zwei Polizisten belasten Moosmann schwer. Sie behaupten, der schwarze 5er BMW sei eindeutig das Fahrzeug, das Moosmann selbst an dem Tag gemietet haben soll. Herausgekommen ist das alles nur, weil private Überwachungskameras, die sich gegenüber des Rathauses auf dem Gelände eines Autohauses befinden, den Vorgang aufgezeichnet haben. Auf dem Video ist von einem Attentäter jedoch nichts zu sehen, was den Verdacht verhärtet, der Anschlag könnte inszeniert worden sein. Moosmann schweigt.

Zurück nach Rickenbach. Ein Bewohner erzählt, Moosmann sei vor der Wahl von Haus zu Haus getingelt, um für sich zu werben. Sogar in der Kirche sei er ständig gewesen, was im katholischen Rickenbach gut angekommen sei. "Dann wurde er gewählt, und alles ging nach hinten los." Dass in Deutschland über Rickenbach berichtet wird, findet Grünen-Gemeinderat Peter Kermisch nicht gut. "Alle hoffen nur noch auf eine Verurteilung", sagt der 56-Jährige, der den Bürgermeister ebenfalls vertritt. Nur dann könne man zur Ruhe kommen.

Norbert Moosmann

  • Norbert Moosmann wird im März 2007 im zweiten Wahlgang mit 59,6 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister Rickenbachs gewählt.
  • Seite Amtszeit ist geprägt von Querelen innerhalb des Gemeinderats. Es geht so weit, dass Moosmann sogar seinen Kämmerer suspendiert. Im Juli 2010 wird Moosmanns Auto mit Farbe beschmiert. Er bekommt ein Paket mit einer toten Maus und erhält Morddrohungen. Moosmann begibt sich in ärztliche Behandlung.
  • Er kehrt am 1. Juli 2011 ins Rathaus zurück. Zwei Tage später behauptet er, auf ihn sei ein Attentat mit einem Molotow-Cocktail verübt worden. Wenige Tage später nimmt die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf.
  • Ende Februar 2012 erklärt das Landratsamt Waldshut Moosmann für dienstunfähig und versetzt ihn in den Ruhestand. Moosmann klagt. Nur so hat er die Möglichkeit, die vollen Dienstbezüge zu erhalten. mis

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