Wiesbaden. Wenn der neue Hessische Landtag heute in Wiesbaden zu seiner ersten Sitzung zusammentritt, wird es nicht nur auf der Regierungsbank viele neue Gesichter geben. Auch auf den Abgeordnetenbänken werden mehr als ein Drittel Neulinge sitzen: 46 der nunmehr 133 Parlamentarier ziehen zum ersten Mal in das Landesparlament ein, 50 zum Teil recht prominente Mandatsträger scheiden aus.
Trotz der hessenweiten Wetterkapriolen richtete Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (CDU) am Vorabend der konstituierenden Sitzung gestern einen Empfang sowohl für die am Tag danach ehemaligen als auch die neuen Abgeordneten aus. Aus dem Landtag ausscheiden werden allein vier bisherige Minister und drei Vizepräsidenten des Parlaments sowie alle bisherigen Abgeordneten der Partei Die Linke, die bei der Neuwahl am 8. Oktober an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. Im Gegensatz zu ihnen erfolgt der Abschied von Innenminister Peter Beuth, Europaministerin Lucia Puttrich (beide CDU), Umweltministerin Priska Hinz und Sozialminister Kai Klose (beide Grüne) aus der Landespolitik freiwillig. Sie alle haben gar nicht mehr für den Landtag kandidiert.
Peter Beuth zieht sich zurück
Was der 56 Jahre alte Beuth nach dem Ausscheiden aus Kabinett und Landtag machen wird, ist noch nicht bekannt. In Wiesbaden gilt es als offenes Geheimnis, dass der CDU-Politiker vor zwei Jahren gerne Nachfolger von Ministerpräsident Volker Bouffier geworden wäre. Doch als solcher wäre der Konservative dem damaligen Koalitionspartner Grüne kaum vermittelbar gewesen, er musste Landtagspräsident Boris Rhein im Amt des Regierungschefs den Vortritt lassen und kündigte Monate später den Rückzug aus Kabinett und Landtag an.
Europaministerin Lucia Puttrich wiederum will schon mit 62 Jahren Jüngeren Platz machen. Altersgründe gibt auch die 64-jährige Hinz dafür an, dass sie nicht mehr für den Landtag kandidiert hat. Die Grünen-Politikerin war seit zehn Jahren Ministerin für Umwelt, Klimaschutz und Landwirtschaft. Ihr Parteifreund Klose ist dagegen erst 50 Jahre alt und gibt Sozialministerium sowie Landtagsmandat auf, um jenseits der Politik etwas Neues zu beginnen.
Neben den vier Ministern ziehen sich auch allein drei Landtagsvizepräsidenten aus dem Parlament zurück: Der Prominenteste unter ihnen ist wohl der frühere hessische FDP-Chef und Justizminister Jörg-Uwe Hahn, der mit 67 in den zumindest landespolitischen Ruhestand geht. Die Grüne Karin Müller aus Kassel scheidet mit erst 61 Jahren ebenfalls freiwillig aus, der 65-jährige Linke Ulrich Wilken wäre auch ohne das Scheitern der Linken nicht in den Landtag zurückgekehrt, er verzichtete auf eine neuerliche Kandidatur auf der Liste seiner Partei.
Von der CDU werden auch der ehemalige Justizminister Jürgen Banzer, die frühere Justizministerin Eva Kühne-Hörmann und Ex-Sozialminister Stefan Grüttner aus dem Landtag ausscheiden. Bei den Grünen nimmt unter anderem der Flughafen- und Haushaltsexperte Frank Kaufmann mit 75 Jahren Abschied aus der Landespolitik. Auch die Innenpolitikerin Eva Goldbach muss wegen ihrer schlechten Platzierung auf der Landesliste gehen. Und der SPD-Fraktion werden in der neuen Wahlperiode unter anderem die ehemalige Hofheimer Bürgermeisterin und Vizeparteichefin Gisela Stang sowie die südhessische Abgeordnete Karin Hartmann fehlen.
Frauenanteil gesunken
Von der AfD scheidet trotz nach der Wahl deutlich mehr Abgeordneter der Partei vor allem der ehemalige Landesparteichef Klaus Herrmann aus. Auch sämtliche aus der AfD-Fraktion ausgeschlossenen oder ausgetretenen fünf – zuletzt fraktionslosen – Abgeordneten, darunter der Südhesse Rolf Kahnt, gehören dem neuen Landtag nicht mehr an.
Wegen der vielen Überhangmandate der CDU, die allein 52 Wahlkreise direkt gewann, und der daraus folgenden Ausgleichsmandate für die anderen Parteien gehören dem neuen Landtag mit 133 wieder deutlich mehr Abgeordnete an als die gesetzlich vorgesehenen 110 Mandatsträger. Das sind nur vier weniger als die vor fünf Jahren erreichte Rekordzahl 137. Gesunken ist der Frauenanteil im Landesparlament, nämlich von 37 auf nur noch 31 Prozent. Ältester Abgeordneter ist mit 73 Jahren AfD-Mann Bernd-Erich Vohl, der somit als Alterspräsident die konstituierende Sitzung eröffnen darf. Jüngster Parlamentarier ist der 26 Jahre alte Grüne Sascha Meier.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/politik_artikel,-laender-grosses-stuehleruecken-im-landtag-_arid,2166882.html