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Faeser wohl erstmals im Bundestag

Hessische SPD nominiert die Innenministerin in Abwesenheit auf Listenplatz vier und kürt Landeschef Sören Bartol zum Spitzenkandidaten

Von 
Gerhard Kneier
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Die hessische SPD hat ihre Bundestagsliste aufgestellt: Bundesinnenministerin Nancy Faeser wurde mit 79 Prozent Zustimmung auf Listenplatz vier gesetzt. Somit dürfte ihr ein Bundestagsmandat sicher sein. © Uli Deck/dpa

Gießen-Allendorf. Ob Nancy Faeser nach der Neuwahl des Bundestags noch einmal mit dem Bundesinnenministerium betraut wird, gilt als offen. Auf jeden Fall aber dürfte die 54-jährige SPD-Politikerin aber am 23. Februar erstmals als Abgeordnete in das Parlament in Berlin einziehen. Die hessischen Sozialdemokraten setzten Faeser am Wochenende in Abwesenheit auf den als sicher geltenden Listenplatz vier. Zum Spitzenkandidaten wurde indes der Landesvorsitzende Sören Bartol aus Marburg gewählt.

Die wohl bekannteste Vertreterin der hessischen SPD fehlte am Samstag bei der Aufstellung der Bundestagsliste der Partei: Bundesinnenministerin Faeser musste ihre Teilnahme an dem Treffen in Gießen-Allendorf kurzfristig absagen und nach dem Attentat auf dem Weihnachtsmarkt nach Magdeburg reisen. Die schreckliche Todesfahrt hing wie ein Schatten über dem Parteitag in der Sport- und Kulturhalle des Gießener Vororts. Gleich zu Beginn erhoben sich die 338 Delegierten zu einer Gedenkminute für die Opfer von den Plätzen. Landesparteichef Bartol sagte, nach einem solch schlimmen Ereignis falle es schwer, die richtigen Worte zu finden. Sie müssten jedenfalls sachlich und überlegt seien und keinesfalls populistisch.

Eine Schlüsselrolle in der Aufarbeitung des Mordanschlags kommt Faeser als der für Sicherheit zuständigen Ministerin zu, die am Tag danach zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (ebenfalls SPD) zum Tatort eilte. Mit der Nominierung auf dem Parteitag erhält Faeser nun wohl auch ein Bundestagsmandat, das die ehemalige Wiesbadener Landtagfraktionschefin als Ministerin bisher nicht hatte. Allerdings blieb die Zustimmung des Parteitags mit 79 Prozent hinter den 87,2 Prozent zurück, die Bartol für Platz eins der Liste erhielt. Und die im selben Wahlgang wie Faeser bestimmten Inhaber der Plätze zwei und drei, die Vizechefin der SPD-Bundestagsfraktion Dagmar Schmidt aus Wetzlar und der Frankfurter Abgeordnete Armand Zorn, kamen sogar auf etwas mehr als 90 Prozent.

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Steffen Mack
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Auch auf dem Parteitag gab es vereinzelt Kritik an der verschärften Migrationspolitik und der Abschottung der Grenzen, zum andern hat ihre Niederlage als Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl im vorigen Jahr die Position Faesers nicht gerade gefestigt. Ihre Nachfolge im hessischen SPD-Vorsitz trat danach Bartol an. Der 50-Jährige vertritt seinen Wahlkreis Marburg-Biedenkopf bereits seit 2002 als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag. Derzeit ist er Parlamentarischer Staatsekretär im Bundesbau- sowie im Verkehrsministerium.

Dass er und nicht die viel bekanntere Faeser die hessische Landesliste anführt, ist der innerparteilichen Logik geschuldet. Danach müssen unter jeweils sieben Kandidaten immer zwei Nord- und fünf Südhessen sein, abwechselnd eine Frau und ein Mann, zudem spielen die Jahre im Bundestag sowie die Ausgewogenheit der Parteiflügel eine Rolle. Der südhessische SPD-Chef und stellvertretender Ministerpräsident Kaweh Mansoori lobte Faesers Rolle in der Bundesregierung als „Bollwerk für unsere Demokratie“. Sein nordhessischer Amtskollege Timon Gremmels pries Bartol als „Gesicht der hessischen SPD“.

Auch der Spitzenkandidat selbst ließ es nicht an Selbstbewusstsein mangeln. „Seit 22 Jahren gebe ich alles“, sagte Bartol. Er wisse, „wie der Hase läuft“, kenne die Fallstricke und wisse auch, wie man im Zweifel gute Kompromisse finde. Das Land stehe vor einer Richtungswahl. Es gehe etwa um bezahlbaren Wohnraum, sichere Arbeitsplätze in der Industrie und die Unterstützung der vom Krieg heimgesuchten Ukraine. Bundeskanzler Scholz führe das Land „klar, besonnen und sicher“.

Kritik der Jusos an schlechter Platzierung ihrer Kandidatin

Wie Bartol riefen auch andere Redner die Genossen dazu auf, in den verbleibenden Wochen vor der Bundestagswahl die Anstrengungen zu verstärken. „Kämpfen, Kämpfen, Kämpfen“, rief Wissenschaftsminister Gremmels aus. „Totgesagte leben länger“, so Arbeitsministerin Heike Hofmann, auch vor der letzten Wahl habe die SPD im Endspurt noch stark aufgeholt.

Die vom Parteivorstand vorgelegte Landesliste ging am Ende trotz Kritik der Jusos an der schlechten Platzierung ihrer Spitzenkandidatin Helena Wolf auf Rang 16 unverändert durch. Die Bundestagsabgeordneten Jens Zimmermann aus Südhessen und Lennard Oehl aus Nidderau scheiterten jeweils mit einer Gegenkandidatur für bessere Listenplätze. So bleiben der aus Groß-Umstadt kommende Zimmermann auf Platz 11 und Oehl auf Platz 13. Bisher hatte die hessische SPD 15 Bundestagsabgeordnete. Wegen der Verkleinerung des Parlaments und schlechterer Umfragewerte könnten es diesmal eher weniger sein.

Korrespondent

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