Horb. Als die Grünen vor 36 Jahren in den Landtag einzogen, machten sie dem damaligen Regierungschef Lothar Späth ein ungewöhnliches Geschenk. Der CDU-Politiker bekam einen kleinen Kaktus - als Symbol dafür, dass die ökologisch angehauchten Parlamentsneulinge ein Stachel im Fleisch des etablierten Politikbetriebs sein wollten. Heute sind die Grünen die Partei des Ministerpräsidenten. Aber seitdem hat der Kaktus für sie eine besondere Bedeutung.
Mit der Idee angefreundet
Regierungschef Winfried Kretschmann taufte gestern in Horb (Landkreis Freudenstadt) ein Exemplar des Kakteenexperten Holger Dopp auf den Namen "Cylindropuntia imbricata ,Winfried Kretschmann'. "Erst dachte ich mir: Na ja, nach meiner Frau ist eine Orchidee benannt worden und nach mir ein Kaktus. Was soll ich dazu sagen?", räumte der Regierungschef mit einem Schmunzeln ein. Schließlich konnte sich Kretschmann mit der Idee aber doch anfreunden.
Experte Dopp beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Kakteen und betreibt in Horb in sonniger Lage einen Kakteengarten mit 400 bis 500 Pflanzen. Es handelt sich um winterfeste Kakteen, die auch mit widrigen Umständen wie Kälte und Schnee klarkommen können. Die Version des Feigenkaktus, der nun Kretschmann mit im Namen trägt, hat Dopp in einem langwierigen Ausleseverfahren geschaffen. Er lud Kretschmann bereits vor längerer Zeit nach Horb ein - und war überrascht, dass der Regierungschef doch noch zusagte.
Einen Kretschmann-Kaktus pflanzte der Regierungschef selbst im Kakteengarten. Ein zweiter kommt in den Garten der Kretschmanns im Dorf Laiz (Landkreis Sigmaringen). Ein drittes Exemplar will der Regierungschef, der in früheren Jahren als Lehrer Biologie unterrichtete, an die Grüne Jugend geben, die sich ausdrücklich als stachelig versteht. So machte die Jugendorganisation dem Regierungschef kräftig Dampf, als dieser im Bundesrat der Ausweitung sogenannter sicherer Herkunftsländer auf den Balkan zustimmte.
Dass ein Kaktus Stacheln hat, macht für Kretschmann Sinn. "Die Stacheln hat er dazu, dass er blühen kann und vorher nicht gefressen wird." Vielleicht traf das auch auf die Grünen der Anfangszeit zu. lsw
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/politik_artikel,-laender-ein-kaktus-namens-kretschmann-_arid,906523.html