Regionalflughafen - Kassel-Calden feierlich neu eröffnet / Erste Besucher zeigen sich recht angetan

Ein Airbus macht den Auftakt

Von 
Timo Lindemann
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Flughafen-Geschäftsführerin Maria Anna Muller freut sich über die gestrige Inbetriebnahme von Kassel-Calden.

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Calden. Weit entfernt leises Reifenquietschen, dann ist der Flughafen eröffnet. Langsam schwebt der Airbus A 319 ein und setzt um 11.10 Uhr als erstes großes Flugzeug auf der 2500 Meter langen Landebahn des neuen Flughafens Kassel-Calden auf. In warngelber Weste weist der fünfjährige Sten den Flieger auf seine Parkposition. "Wir haben fertig", scherzt Flughafenchef Jörg Ries.

250 Gäste und Tausende Schaulustige sind trotz bedeckten Himmels, eisigen Windes und Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt gekommen. Auf das große Tamtam wird dennoch verzichtet. Der Airbus, ein Sonderflug aus Frankfurt, bekommt keinen - wie bei einem ersten Flieger sonst üblich - Wasserbogen der Feuerwehrwagen. Mit Rücksicht auf das kalte Wetter, wie es heißt. In der Sondermaschine ist unter anderen der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU), der auch Aufsichtsratschef von Kassel-Calden ist, angereist.

Nach Mallorca und Antalya

Etwa ein Dutzend regelmäßige Flüge pro Woche stehen auf dem Sommerflugplan, vor allem zu den klassischen Touristenzielen Mallorca und Antalya. Der erste reguläre Flug von der türkischen Gesellschaft Tailwind hebt am Nachmittag ab. Schon lange vorher bilden sich Schlangen vor dem Check-in. "Als erste hier abzufliegen, hat mich bewogen, zu buchen. Das ist historisch", sagt Ingrid Pigors aus Schauenburg. Sie sei schon oft geflogen. Ihr erster Eindruck: "Der Flughafen ist schön. Klein und fein." In Frankfurt sei es ihr schon fast passiert, dass sie wegen fehlender Zuverbindungen hätte übernachten müssen. "Dann lieber Kassel. Hier kostet das Taxi nach Hause 30 Euro. Ich will hier öfter fliegen", erzählt die 66-Jährige.

Auch Wolfgang Stoll aus Fuldatal hat einen Platz in der ersten Maschine. "Im Gegensatz zu den Fabrikhallen-Flughäfen hat der Flughafen eine sehr gute Atmosphäre", sagt er trotz der vielen Menschen, die aus Neugier zur Eröffnung gekommen sind.

Die meisten Schaulustigen sind an der Informationsstelle oberhalb der Start- und Landebahn, viele kommen auch in das Terminal. Bereits Stunden vor der ersten Landung ist Andreas Spindler im Terminal des neuen Flughafens. "Ich bin neugierig, wie er sich entwickelt hat", sagt der 46-Jährige aus Kassel. Als Vielflieger freue er sich auf den Airport. "Ich werde ihn sicher in Anspruch nehmen", betont er. Margrit Kraft ist aus Vellmar angereist, um bei der Eröffnung dabei zu sein. "Nordhessen ist keine arme Region mehr", meint sie. Dass der Flughafen deutlich teurer geworden sei als geplant, sei leider wie bei allen Großprojekten üblich.

Rund 271 Millionen Euro kostet der Bau, 120 Millionen Euro mehr als zunächst geplant. Bei den Befürwortern weckt der Flughafen große Hoffnungen auf eine gute wirtschaftliche Entwicklung Nordhessens. Die Gegner bemängeln vor allem eine zu geringe Auslastung. Zudem könnte der Flughafen wohl noch über Jahre Kosten produzieren - nicht nur im Betrieb, sondern auch bei der Verkehrsanbindung. Denn bislang müssen Fluggäste - und bis zum Jahr 2020 sollen es jährlich 640 000 sein - mit dem Auto quer durch Calden fahren, um zum Airport zu gelangen.

Dennoch sieht August Sostmann dem Flughafen mit gemischten Gefühlen entgegen. Er betreibt die einzige Tankstelle in der 7300-Einwohner-Gemeinde Calden. Er freue sich über den Flughafen, aber ob mehr Menschen bei ihm tanken würden, wisse er nicht. "Mit der Umgehungsstraße habe ich aber weniger Geschäft", sagt er. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte bei der Eröffnung betont, die Landesregierung werde alles dafür tun, damit die Umgehungsstraße kommt.

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