Umfrage

Die Unzufriedenheit im Land wächst

Die Zustimmung zur Regierung von Winfried Kretschmann lässt deutlich nach. Immer mehr Menschen im Land haben wirtschaftliche Sorgen. So ist der Befund im neuen BW-Trend, der landespolitischen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag von Stuttgarter Zeitung und SWR.

Von 
Rainer Pörtner
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Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) muss weiter im Krisenmodus regieren. © dpa / Christoph Schmidt

Stuttgart. Die Krisen ballen sich - vom Krieg in der Ukraine über die Energiekrise bis zu Corona -, und die Politiker mühen sich mit richtigen Reaktionen. In dieser aufgeladenen Situation fällt es der Landesregierung um Winfried Kretschmann zunehmend schwer, die Bürger zufriedenzustellen. Im März dieses Jahres waren noch sechs von zehn (57 Prozent) Baden-Württemberger zufrieden mit der Arbeit der Landesregierung. Aktuell ist weniger als jeder zweite (44 Prozent) zufrieden, während 54 Prozent mit der Regierungsleistung sogar unzufrieden sind.

So ist der Befund im neuen BW-Trend, der landespolitischen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag von Stuttgarter Zeitung und SWR. Für die grün-schwarze Koalition in Stuttgart ist es die bislang schlechteste Bewertung der Regierungsarbeit im BW-Trend. Einen Regierungszuspruch von weniger als fünfzig Prozent gab es in Baden-Württemberg zuletzt im November 2011 unter Grün-Rot, einen noch niedrigeren Zufriedenheitswert für eine baden-württembergische Landesregierung nur im März 2011 unter Schwarz-Gelb.

Sorgen machen sich die Baden-Württemberger um die wirtschaftliche Entwicklung. Nach 63 Prozent im Vorjahr (März 2021) sind nur noch 48 Prozent zufrieden mit der wirtschaftlichen Lage im Bundesland. 49 Prozent gelangen momentan zu einem kritischen Urteil.

Derzeit haben Konjunktursorgen bei den Baden-Württembergern den gleichen Stellenwert wie die Beunruhigung wegen des Zustands von Umwelt und Klima (72 Prozent). Deutlich gestiegen sind Befürchtungen wegen des sozialen Zusammenhalts der Gesellschaft. Fast acht von zehn (78 Prozent; plus 14 Prozentpunkte), machen sich darüber aktuell große oder sehr große Sorgen.

Die AfD legt kräftig zu

Der Stimmungswandel schlägt allerdings wenig auf die parteipolitischen Präferenzen durch, nur die AfD kann erkennbar profitieren. Wenn am Sonntag der Landtag neu gewählt würde, kämen die Grünen auf 27 Prozent. Sie hätten damit einen Prozentpunkt weniger als bei der letzten Umfrage im April, könnten sich aber knapp als stärkste Kraft behaupten. Die in Stuttgart mitregierenden Christdemokraten hätten einen Wählerrückhalt von unverändert 26 Prozent.

Ebenfalls unverändert zum Frühjahr liegen die Sozialdemokraten mit 15 Prozent. Dagegen verbessert sich die AfD auf 13 Prozent (plus 4), während die Liberalen mit 9 Prozent etwas schlechter liegen als zuletzt im April (minus 2). Alle anderen Parteien kämen zusammen auf 10 Prozent (minus 1), darunter die Linkspartei mit 3 Prozent.

Die gewachsene Skepsis gegenüber der Landespolitik äußert sich auch in der Bewertung des politischen Spitzenpersonals. Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann führt zwar weiterhin die Liste der populärsten Landespolitiker in Baden-Württemberg an, mit 54 Prozent (minus 6 zu März) fällt sein Zuspruch jedoch auf den niedrigsten Wert seit Übernahme des Ministerpräsidentenamtes. Mit 24 Prozent (minus 9 zu März) ebenfalls rückläufig ist der Rückhalt für Thomas Strobl. Der CDU-Innenminister, der auch nach Einstellung eines gegen ihn eröffneten Ermittlungsverfahrens politisch unter Druck steht, fällt aktuell auf seinen schlechtesten Wert im BW-Trend.

Mit seinen 74 Jahren ist Kretschmann der älteste Ministerpräsident in Deutschland. Ungeachtet seines Alters ist ein vorgezogener personeller Wechsel an der Regierungsspitze in der laufenden Legislaturperiode für die Mehrzahl der Baden-Württemberger keine bessere Option: 55 Prozent der Wahlberechtigten wünschen sich, dass der Grünen-Politiker bis zur nächsten Landtagswahl im Amt bleibt, vier von zehn (39 Prozent) favorisieren einen vorzeitigen Wechsel. An Kretschmann als Regierungschef bis 2026 festhalten wollen nicht nur die Anhänger der Grünen (78 Prozent), sondern auch jeweils Mehrheiten von CDU (69 Prozent) und SPD (59 Prozent)

Ergebnisse als Signal

„Uns ist bewusst, dass viele Bürgerinnen und Bürger auch ganz persönlich besorgt sind und die Verunsicherung wächst“, sagt Ministerpräsident Kretschmann zu den Umfrageergebnissen. „Deshalb arbeite ich tagtäglich mit aller Kraft daran, die Folgen des russischen Angriffskriegs für die Bürgerinnen und Bürger und unsere mittelständischen Unternehmen abzumildern.“

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sieht in den Umfragewerten „ein deutliches Signal, dass jetzt endlich etwas im Land passieren muss. Eine Landesregierung, die sich in dieser Krisensituation auf den Entlastungen einer sozialdemokratisch geführten Bundesregierung ausruht und sich weigert, landeseigene Hilfen auf die Beine zu stellen, lässt die Menschen im Land mit ihren Sorgen allein.“ Isabell Huber, Generalsekretärin der CDU, äußert sich besorgt über das Erstarken der AfD: „Sie profitieren leider vom Zögern und Zaudern der Scholz-Regierung im Bund. Das ist nicht gut.“

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