Baden-Baden. Der Standort Baden-Baden blieb nach der Fusion von Südwestfunk und Süddeutschem Rundfunk einer der beiden Hauptstandorte des (damals) neuen Senders SWR. Derzeit entsteht „auf der Funkhöhe“, wie die Senderzentrale in der Kurstadt auch genannt wird, ein neuer Prestigebau. Das seit 2015 geplante und seit 2019 im Bau befindliche Medienzentrum wird intern als „neues Herzstück“ bezeichnet. Es soll nun im Spätsommer 2023 bezogen werden, rund ein halbes Jahr später als geplant.
Die Baukosten sind nochmals gestiegen, sie liegen aktuell bei 63,5 Millionen Euro. Das sind etwa vier Millionen mehr als zuletzt bei Berechnungen im Juli 2022. Der Bau sollte, so einst die Absicht, durch Grundstückserlöse finanziert werden. Offen lässt der Sender jetzt auf Anfrage, ob die von SWR-Kontrollgremien abgesegnete Finanzierung weiterhin ausreicht. Bei den ersten Planentwürfen 2015 und der Folgejahre war man noch von Baukosten in Höhe von 50 Millionen Euro ausgegangen. Und diese stiegen weiter: Voriges Jahr im Juli wurden aktualisierte Kosten auf 59,3 Millionen Euro beziffert.
Grundstück zu Wohnungen
Mit Geschosswohnungsbau für rund 1000 Menschen entsteht derzeit auf der dem Sender gegenüberliegenden Hangseite ein neues Wohngebiet. Der Vorgängersender SWF hatte das Grundstück nach dem Krieg von den Franzosen, die in Baden-Baden als Besatzungsmacht auch ihr Hauptquartier hatten, vermacht bekommen. Das Areal Am Tannenhof wird in fünf Baufeldern mit 386 hochpreisigen Wohnungen von einem Heidelberger Investor vermarktet. Quellen aus dem Stadtrat nennen nun einen Erlös „von über 30 Millionen Euro“, den die Grundstücke erbringen und der in das Medienzentrum fließen sollen. Offiziell äußert sich der Sender selbst nicht. Bei dem Neubau sollte auf Gebührengelder und Finanzmittel aus dem allgemeinen Haushalt verzichtet werden.
Der SWR räumt in einer Stellungnahme weitere Kostensteigerungen für das neue Medienzentrum ein. In dem Gebäude sollen die verschiedenen Kanäle des Senders, von Radio über Fernsehen bis zu Online-Diensten, näher zusammengeführt werden. Geplant sind 330 neu ausgestattete Arbeitsplätze. Auf dem SWR-Areal in Baden-Badens Halbhöhenlage arbeiten in den über Jahre entstandenen Gebäuden etwa 1845 feste und freie Mitarbeiter in Programm, Produktion, Verwaltung und Technik.
„Das Medienzentrum Baden-Baden befindet sich in den letzten Zügen des Innenausbaus. Zudem wird an den Außenanlagen gearbeitet“, teilt ein SWR-Sprecher mit. Der Einzug sei „unmittelbar nach den Sommerferien 2023 geplant“.
Reicht das Geld?
Die Art der vom SWR geplanten Refinanzierung ließ von Anfang an Spekulationen aufkommen. Die Erlöse aus dem Areal Am Tannenhof, ein Grundstück mit 49 000 Quadratmetern, sollten dies möglich machen. Ob aber die mehr als 30 Millionen Euro Erlös, von denen die Rede ist, zusammen mit Einsparungen an anderer Stelle, etwa bei wegfallenden Gebäuden, ausreichen?
Im Stadtrat von Baden-Baden wurde jüngst Besorgnis geäußert, auch über die Standorttreue des Senders. Meldungen, wie die geplante Verlegung oder gar Einstellung ARD-weit ausgestrahlter Sendungen – etwa das beliebte „Nachtcafé“, das freitagabends aus Baden-Badens E-Werk gesendet wird –, wirken wie Wasser auf die Mühlen von Kritikern. Und lassen Fragen aufkommen, ob der SWR nach weiteren Einsparpotenzialen sucht.
Zahlen und Kosten rund um das Projekt
- Das neue Medienzentrum des SWR in Baden-Baden, das künftig Hörfunk, Fernsehen und Online in einem Bau vereint, soll die Arbeitsabläufe der drei Bereiche verbessern. Auf etwa 14 000 Quadratmeter Fläche entstehen 330 Arbeitsplätze und die neue Betriebskantine. Das Gebäude ist unterteilt in vier höhengestaffelte Pavillons, mit einer wuchtigen Architektur, für die das Büro Wurm + Wurm aus Bühl/Baden verantwortlich zeichnet.
- Mit den Turbulenzen beim Sender Radio Berlin-Brandenburg (RBB) gab es Diskussionen über Baumaßnahmen bei öffentlich-rechtlichen Sendern. Das Bauvorhaben in Baden-Baden erscheint bei alledem vergleichsweise moderat. Bei der Kontrollstelle Kef, der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten waren zuletzt folgende Bauten als Großinvestitionen angemeldet: vom BR die Standortverlagerung von München nach Freimann (200 Millionen Euro), vom NDR der Neubau Redaktionsgebäude Haus 24 in Hamburg-Lokstedt (49 Millionen Euro), vom RBB der Neubau Digitales Medienhaus (95,2 Millionen Euro) und vom SWR der Neubau Medienzentrum am Standort Baden-Baden (56,7 Millionen Euro) und Sanierungsmaßnahmen zur Standortentwicklung Funkhaus Mainz (37,7 Millionen Euro).
- Details unter https://kef-online.de/de/startseite/
- Beim RBB wurde infolge der heftigen Kritik der Bau des Digitalen Medienhauses gestoppt. Beim WDR Köln sind Teilsummen von 61 Millionen gesperrt worden.
- In Baden-Baden, neben Stuttgart und Mainz einer der drei Hauptstandorte, arbeiten derzeit 1845 feste und freie Mitarbeiter in Programm, Produktion, Verwaltung und Technik. Der SWR zählt insgesamt rund 3650 feste Planstellen – 5000 Menschen arbeiten als feste und freie Mitarbeiter für den Sender. In Baden-Baden befinden sich die Direktionen für Fernsehen und Hörfunk. Auch SWR 2 und SWR 3 kommen aus Baden-Baden. Dort sind zudem Arbeitsplätze des deutsch-französischen Gemeinschaftssenders Arte.
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