Waschbär, Nilgans, Ochsenfrosch und jetzt also die Asiatische Hornisse - die Zahl der gebietsfremden Tiere in Baden-Württemberg wächst. Die Asiatische Hornisse dürfte schon 2004 unbemerkt in Containern vermutlich aus China nach Frankreich eingeführt worden sein, seither breitet sie sich in vielen Ländern Europas aus. 2014 wurde sie erstmals im deutschen Südwesten bei Waghäusel im Landkreis Karlsruhe nachgewiesen, allein in diesem Jahr hat man sie fünf Mal, vor allem im Raum Mannheim, entdeckt.
Das Problem ist: Man weiß sehr wenig darüber, welche Auswirkungen diese invasive Art, die etwas kleiner als die Europäische Hornisse und deutlich dunkler in der Färbung ist, auf den Menschen und auf die heimische Tierwelt haben könnte. „Es ist unglaublich schwer, Vorhersagen zu machen“, sagt die Hautflüglerexpertin Melanie von Orlow vom Nabu in Berlin. Offensichtlich geht es auch dem Land Baden-Württemberg so: Die Landesanstalt für Umwelt hat jetzt auf ihrer Website ein Meldesystem eingeführt, um mehr Wissen über die Verbreitung zu erlangen. Jeder kann mitmachen
Friedliche Tiere - eigentlich
Ein wenig weiß man aber doch. Zunächst zu den Stichen: In der Literatur heißt es, dass die Stiche eine ähnliche Giftzusammensetzung hätten wie bei Honigbienen oder Wespen und deshalb nicht schlimmer seien. Wer sich nicht in der Nähe eines Nestes aufhalte, müsse sowieso wenig befürchten, betont auch Paul Geisendörfer, der an der Universität Würzburg zu Insekten forscht; auch Asiatische Hornissen seien eigentlich friedliche Tiere. Allerdings verteidigen sie ihr Nest aggressiv. Sie bauen es meistens hoch oben in Bäumen aus Holzfasern. Es kann 2000 Tiere enthalten und damit vier Mal so viele wie Nester einheimischer Hornissen.
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Doch es gibt auch andere Berichte über die Folgen von Stichen. Im vergangenen November entfernte die Feuerwehr bei Karlsbad im Landkreis Karlsruhe zusammen mit Hornissenfachberatern ein solches Nest. Dabei hätten die Hornissen mit ihrem längeren Stachel durch die üblichen Imkerhandschuhe hindurchgestochen. Auch im Südwesten sind die Bekämpfer deshalb dazu übergegangen, besonders dicke Schutzkleidung zu tragen.
Laut einem Bericht der „Badischen Neuesten Nachrichten“ sackte einem Fachberater nach den Stichen der Kreislauf weg, beim anderen schwoll die Hand auf das Dreifache des normalen Umfangs an. Das sei bei mehrfachen Stichen aber nicht ungewöhnlich, auch bei Bienen und Wespen nicht, sagt Geisendörfer. Statistiken in Frankreich zeigten zudem, dass es dort seit der Anwesenheit der Asiatischen Hornisse keine höhere Zahl von Stichen gebe.
Was die Verdrängung der einheimischen, streng geschützten Hornisse anbetrifft, ist Melanie von Orlow weniger beunruhigt. Die Asiatische Hornisse bilde keine Reviere und konkurriere deshalb vermutlich nicht mit den europäischen Verwandten. Aber auch da steht man erst am Anfang der Erkenntnis.
Schwierig könnte es für die Imker werden, denn die Asiatische Hornisse frisst vor allem Honigbienen. Sie fängt diese direkt vor den Bienenstöcken ab oder dringt auch in die Stöcke ein. Auf einem Video aus Spanien ist zu sehen, wie Hunderte von Hornissen mehrere Stöcke regelrecht belagern - im schlimmsten Fall könnte ein Bienenvolk zusammenbrechen.
Auf der Suche nach Nestern
Melanie von Orlow, die selbst Imkerin ist, betont allerdings: In Frankreich, wo die Hornisse schon sehr stark verbreitet sei, werde bisher nicht von Einbrüchen bei der Honigernte berichtet. Und grundsätzlich ist es ihr trotz allem lieber, die Asiatische Hornisse frisst Honigbienen statt Wildbienen, denn diese seien viel stärker gefährdet. Paul Geisendörfer hat dagegen Berichte gelesen, nach denen in Frankreich 30 Prozent der Völker mancher Imker geschwächt oder verloren gegangen sind. Er glaubt aber nicht, dass dies in Deutschland so komme, schon allein deshalb, weil die Asiatische Hornisse sehr wärmeliebend ist.
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird sich die Asiatische Hornisse nicht mehr aus Europa zurückdrängen lassen. Aber sie wird noch bekämpft. Teils werden Hornissen an Bienenständen gefangen und mit einem Sender ausgestattet, um das Nest zu finden. Die Nester werden dann meist mit Kohlendioxid besprüht, um die Insekten zu betäuben; dann wird das Nest heruntergeholt. Melanie von Orlow fordert aber Augenmaß: In Frankreich gebe man Millionen von Euro für die Bekämpfung aus - ohne Erfolg. Man müsse die Frage stellen, ob es etwa nicht sinnvoller sei, die Imker zu fördern und zu schützen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/politik_artikel,-laender-asiatische-hornisse-bedrohung-fuer-heimische-imker-_arid,2085301.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html