Evangelisches Gemeindehaus

„Bibel mit Biss“ in Oftersheim: Über Glaube und Religion

Wie wird Kirche wieder interessant für Menschen? Diese Frage stellt das Format der evangelischen Kirche, dieses Mal mit einem Vortrag von Dr. Steffen Bauer.

Von 
Maria Herlo
Lesedauer: 
Im Vorfeld des Vortrages steht die kulinarische Stärkung am festlichen Buffet. © Ralf Lackner

Oftersheim. Ein Blick in den Saal des evangelischen Gemeindehauses in Oftersheim machte sofort deutlich: volles Haus, zufriedene Gesichter, festliches Ambiente. Die Erfolgsgeschichte der beliebten Veranstaltungsreihe „Bibel mit Biss“ fand auch in der diesjährigen Ausgabe ihre Fortsetzung. Am Freitagabend erwartete die Gäste nicht nur ein reichhaltiges Büfett, stilvolle musikalische Untermalung, sondern auch eine Auseinandersetzung mit einer der drängendsten Fragen: Welchen Stellenwert haben heute noch Kirche und Glaube in der Gesellschaft?

Es geht um Körper, Geist und Seele in Oftersheim

„Lassen Sie uns eintauchen mit Körper, Geist und Seele in den Abend“, lud Kirchengemeinderätin Martina Aßmann die Besucher ein. Seit 2010 hat sie gemeinsam mit einem engagierten Team dieses Veranstaltungsformat etabliert. Witzig, schlagfertig, argumentativ begrüßte sie insbesondere die Newcomer, denen sie Mut bestätigte: „Sehr erfreulich, dass Sie Neues wagen!“ Damit leitete sie über zum Thema des Abends und stellte fest, dass laut einer Statistik nur 24 Prozent der Bevölkerung Vertrauen in die evangelische Kirche habe.

„Das Verhalten gegenüber Kirchen und Religionen ist höchst widersprüchlich, christliche Werte hingegen haben eine erstaunliche Akzeptanz, nur werden sie anders benannt, statt Nächstenliebe, Gerechtigkeit und Demut heißen sie Solidarität, Fairness und Bescheidenheit.“ Solche Überlegungen stellte der Religionssoziologe Detlef Pollack in der Spiegelausgabe vom Dezember 2024. Sie dienten Aßmann als Hinleitung zum Thema des Abends: „Relevanz von Kirche und Glaube in der Gesellschaft“.

Dazu begrüßte sie den Referenten und „Erlöser“ Dr. Steffen Bauer, „Erlöser“, weil er kurzfristig für den ursprünglich vorgesehenen Referenten eingesprungen ist, und weil seine Ausführungen Licht ins Dunkel bringen, was die Bedeutsamkeit von Kirche und Glaube in unserer Gesellschaft betrifft“, und stellte ihn kurz vor: Bauer sei promovierter Theologe, in Mannheim und Heidelberg war er Gemeindepfarrer sowie Dekan. Von 2013 bis 2024 leitete er die Ehrenamtsakademie der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in Darmstadt. Noch nicht einmal ein halbes Jahr in Ruhestand, habe er an diesem Abend eines seiner Lebensziele erreicht: Er sei endlich bei „Bibel mit Biss“ angekommen, scherzte sie.

Duo Tatyana Kontorovich und Otmar Wiedenmann-Montgomery begleitet am Klavier

Vor dem Vortrag jedoch war für die Gäste Stärkung am Büfett vorgesehen. Während das Duo Tatyana Kontorovich und Otmar Wiedenmann-Montgomery vierhändig am Klavier eine warme, behagliche Atmosphäre verbreitete, nahmen sich die Besucher Zeit, sich den Köstlichkeiten vom Büfett zu widmen, zu plaudern und die Geselligkeit zu genießen. Voll des Lobes waren alle für das abwechslungsreiche kulinarische Angebot, frisch und schmackhaft, und zum Schluss etwas Süßes, vom Helferteam selbst ehrenamtlich vorbereitet. Zu diesem gehörten Dagny Pfeiffer, Birgit Coen, Elke Wieder, Maria und Walter Gärtner sowie Veronika Simon-Bofinger.

Bevor Dr. Steffen Bauer zum eigentlichen Thema seines Vortrags überging, nahm er die Zuhörer mit zum 23. März 2023 nach Bayern. An diesem Tag hat die bayerische evangelische Landeskirche zum ersten Mal die Aktion „einfach heiraten“ durchgeführt, und zwar in zwölf Kirchen mit fast fünfzig Pfarrerinnen und Pfarrer, wo sich standesamtlich Verheiratete in zwanzig Minuten den kirchlichen Segen holen konnten. Davon machten 158 Paare Gebrauch. Bei der zweiten Auflage, am 4. April 2024, waren es schon fast 700 Paare in 25 Kirchen. Warum ist das relevant? „So verändert sich Kirche“, hob er hervor, „und das ist gut.“

Debatte um Stellenwert der evangelischen Kirche

Denn neue Formate sollten Menschen wieder für Kirche und Glauben gewinnen. Kirche muss sich somit der Frage stellen: Kann sie sich auf die verschiedenen Bedarfe von Menschen einlassen? Dort wo an Flüssen, Seen oder am Meer getauft wird, kommen viel mehr Menschen als in den Sonntagsgottesdienst. Damit wollte der Referent betonen, dass „wir bereits mitten in den Veränderungen sind“. Im zweiten Teil seines Vortrags machte er deutlich, vor welchen Herausforderungen die Kirche angesichts solcher Aufgaben steht, und im dritten Teil, wie sich Kirche weiterentwickelt. Der in freier Rede gehaltene Vortrag, bereichert mit Erfahrungswerten aus seinem persönlichen Umfeld, stieß auf großes Interesse.

In der anschließenden Diskussion, moderiert von Pfarrer Dr. Simon Layer, teilten die Gäste ihre eigenen Ansichten mit, sprachen Kirchenaustritte und deren Gründe an. Betont wurde die Bedeutung gelebter Gemeinschaft und der Wunsch nach einer Kirche, die sich aktiv in gesellschaftliche Debatten einbringt. Den krönenden Abschluss dieses gelungenen Abends bildete die Interpretation von Liszts „Ungarischer Rhapsodie Nr. 2“.

Das Klavierduo hat sich die Variante ausgesucht, die Kater Tom aus dem berühmten Zeichentrickfilm von 1947 „Tom gibt ein Konzert“ gespielt hat. Gebannt lauschten die Anwesenden den blitzschnellen Oktavläufen, donnernden Akkorden und schillernden Verzierungen, so als spielte sich vor ihren Augen die Jagd Toms auf Jerry zwischen den Tasten ab. Dafür ernteten die meisterhaften Pianisten viel Anerkennung und Applaus. Lobende Worte gab es auch für das gesamte Team, das diese klasse Veranstaltung möglich gemacht hatte.

Das Team für " Bibel mit Biss" 2025: Annette Conrad (v.l.), Tatyana Kontorovich (Pianistin), Otmar Wiedenmann-Montgomery (Pianist), Veronika Simon-Bofinger, Walter Gärtner, Birgit Coen, Dr. Steffen Bauer (Referent), Elke Wieder, Pfarrer Dr. Simon Layer, Martina Assmann, Pfarrer Tobias Habicht und Maria Gärtner. © Ralf Lackner

Freie Autorin

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung

VG WORT Zählmarke