Historie

Wormser Stadtmuseum zeigt Konflikt zwischen Kirche und Krone

Zum 900-jährigen Bestehen eröffnet das Wormser Stadtmuseum am 24. September eine Sonderausstellung zum historischen "Spiel um die Macht" zwischen Krone und Kirche. Besucher können Kaiser und Papst sogar beim Streiten zuhören

Von 
Markus Mertens
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Sie stritten sich und legten ihre Fehde doch irgendwann bei: Dem Konflikt von Kaiser und Papst widmet das Wormser Stadtmuseum eine Sonderausstellung. © Berno Nix

Worms. Es war einer der größten Eklats zwischen Krone und Kirche –und dennoch ist die Geschichte rund um das 900 Jahre alte Wormser Konkordat heute vielen gar kein Begriff mehr. Es ist genau dieser Anlass, zu dem das Wormser Stadtmuseum im Andreasstift zum 900-jährigen Bestehen dieses historisch einzigartigen Pakts eine Sonderausstellung initiiert. Ab dem 24. September und bis zum 30. Dezember steht unter dem Titel „Spiel um die Macht“ ein Systemstreit im Zentrum, der ungekannte Ausmaße annahm.

Dabei ging es anfänglich eigentlich um vermeintliche Banalitäten. Denn während Kaiser Heinrich III. davon überzeugt war, als römisch-deutscher Herrscher aus freien Stücken Bischöfe einsetzen zu können, nahm Papst Leo IX. dieses Recht als Stellvertreter Gottes auf Erden für sich ganz allein in Anspruch. Was fast schon als Posse mit Briefwechseln begann, schaukelte sich im Verlauf der Monate und Jahre zur Krise von internationalem Ausmaß hoch.

1000 Jahre alte Exponate

Der Kaiser ernannte kurzerhand Gegenpäpste, der Papst setzte den Kaiser ab und wählte für den Monarchen des frühen Mittelalters gar die schlimmste denkbare Strafe: Exkommunikation – die Verbannung aus der Kirche. Der Konflikt ging als sogenannter Investiturstreit in die Geschichte ein, der von Jahren der Unsicherheit geprägt war, wer zwischen Glaube und Adel nun welche administrativen Befugnisse haben sollte. Erst am 23. September 1122 legten Kaiser Heinrich V. und Papst Calixt II. den Konflikt bei und sorgten so für Kontinuität im Verhältnis zwischen Staat und Religion.

Neues Format soll breites Publikum ansprechen

  • Die interaktive Ausstellung „Spiel um die Macht. Von Canossa nach Worms“ ist vom 24. September bis 30. Dezember im Stadtmuseum im Andreasstift zu sehen.
  • Die Ausstellung beschäftigt sich mit dem historischen Streit zwischen Kirche und Krone um die Macht im Mittelalter.
  • Um das Format der Ausstellung zu verjüngen, hat das Museum das Angebot um Graphic Drawings, Audiostationen, Workshops sowie ein Escape Game erweitert.
  • Der Anspruch der Organisatoren ist dabei, sowohl Schulen als auch der Gesellschaft Einblick in dieses wichtige Kapitel gesellschaftlicher Glaubensgeschichte zu eröffnen.
  • Programm, Anmeldung und Infos online unter: www.museum-andreasstift.de

 

Für Olaf Mückain, Leiter des städtischen Museums, ist genau diese Geschichte nicht nur „ein vergessenes Kapitel“, das dringend aufgearbeitet werden musste. Der Museumsleiter ist auch fasziniert, wie gut es seinem kuratorischen Team gelungen ist, dieses scheinbar abstrakte Thema begreiflich zu machen. Einerseits durch die Bereitstellung von stellenweise 1000 Jahre alten Leihgaben, die von historischen Grabkreuzen bis hin zum frühmittelalterlichen Glaubensbuch direkt aus Sammlerhänden reichen.

Andererseits aber vor allem durch die Dynamik, mit der diese Ausstellung und damit auch der denkwürdige Gang von Worms nach Canossa ganz spielerisch erzählt werden soll.

Schon bei der Pressekonferenz, die nur einen Teil des Ausstellungserlebnisses begreiflich macht, fällt der Blick auf die Graphic Drawings des Wormser Künstlers Eichfelder, der die historischen Stationen vom kaiserlichen Protest bis hin zum reuigen Gang auf die Burg Canossa auf imposante, aber auch neuartige Art und Weise illustriert hat.

Doch hat das Museum noch diverse weitere Schritte auf den Weg gebracht, um die Sonderausstellung auch pädagogisch aufzuwerten. Um das Thema schließlich auch systematisch in die Schulen zu bringen, haben Verwaltungsleiterin Ulrike Breitwieser und ihr Team diverse Workshops und Kostümführungen organisiert, die mit exklusiv erstelltem Begleitmaterial den Erlebnischarakter des Formats unterstreichen sollen.

Hinzu kommen zielgerichtete Workshops, die sich – je nach Klassenstufe in aufsteigender Komplexität – mit den historischen Stationen des Streits bis hin zum Abschluss des Konkordats beschäftigen. Auch audiovisuell hat sich das Museum folgerichtig auf die Interessen junger Menschen eingerichtet.

Hörspiel mit erbosten Stimmen

Auf sogenannten Hör-Thronen kann man die erbosten Auseinandersetzungen zwischen Päpsten und Kaisern im Wortlaut nachhören –und wem das noch nicht als Erlebnis reicht, der spielt sich über ein sogenanntes Escape Game kurzerhand digital durch die Schwierigkeiten rund um das Konkordat.

Für das eigene Smartphone arrangiert, hat das Museum ein Szenario geschaffen, in dem die kaiserliche Originalurkunde zwar im päpstlichen Geheimarchiv verwahrt wird, aber der Tresor nicht mehr zu öffnen ist, weil die notwendige Zahlenkombination in Vergessenheit geraten ist. Was folgt, ist ein eigens für virtuelle Welten eingerichtetes Abenteuer, das der großen Krise tatsächlich mit Leichtigkeit zu entsprechendem Interesse verhilft.

„Es war uns wichtig, ein solches Thema so interaktiv wie möglich erlebbar zu machen“, wie Mückain im Gespräch mit dieser Redaktion klarstellt – und sich schon unglaublich darauf freut, die ersten Besucher zu begrüßen, die der Bedeutung dieses historischen Pakts ganz spielerisch auf die Fährte kommen.

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