Sicherheit - Brandschutz macht Kommunen schwer zu schaffen / Obdachlosenheim und Musikschule in Worms betroffen

Obdachlosenheim in Worms gilt als unsicher

Von 
Bernhard Zinke
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Worms. In Sachen Brandschutz gibt es für die öffentliche Hand inzwischen keine Alternativen mehr. Hart getroffen hat es die Stadt Worms jetzt gleich zweimal innerhalb kürzester Zeit. Zuerst musste die Verwaltung Anfang dieses Monats das denkmalgeschützte Gebäude der Jugendmusikschule aus dem Jahr 1884 von heute auf morgen schließen und Kurse auf zwölf andere Standorte verlagern. Diese Woche traf es nun das Obdachlosenheim in der Hafenstraße. Nachdem ein Brandsachverständiger das Haus begutachtet hatte, mussten die Bewohner der oberen Stockwerke sofort ausziehen. Die Verwaltung ist in der Not, der als problematisch geltenden Klientel neuen Wohnraum anzubieten.

„Seit dem Brand auf dem Düsseldorfer Flughafen 1996 gibt es keinerlei Spielräume mehr“, sagt der Wormser Oberbürgermeister Michael Kissel. „Fast jede brandgutachterliche Untersuchung endet in einer Generalsanierungsmaßnahme“, sagt er. Die Herausforderung beim jüngsten Problem: Es handelt sich um einen besonderen Personenkreis von Obdachlosen, der von Amts wegen hier untergebracht ist.

Sowohl Oberbürgermeister Kissel als auch Sozialdezernent Waldemar Herder ringen nach Worten, um die besondere Wohn- und Lebenssituation in dem Haus zu beschreiben. Die Menschen begrüßten es, abseits der allgemeinen Aufmerksamkeit sehr versteckt in einem Winkel des Wormser Hafengebiets untergebracht zu sein, sagt Herder. Die Menschen hielten sich nicht unbedingt an die Regeln von Haus- und Wohngemeinschaften, es gebe keine üblichen Hygienestandards. „Wir müssen im Wochen-Rhythmus die Flurlampen erneuern, die Waschbecken und Kloschüsseln alle zwei bis vier Wochen“, skizziert Herder die Herausforderung.

Und weil eine Lösung von einem Tag auf den anderen gefordert war, habe man sich zu einer sehr pragmatischen Regelung entschlossen. 16 Personen werden in einem Containerdorf im Süden der Stadt untergebracht, das vor drei Jahren für Flüchtlinge errichtet worden ist. Derzeit sind dort noch 62 Geflüchtete untergebracht. Das Containerdorf ist jedoch für 168 Personen ausgelegt, sei also selbst mit den neuen Bewohnern noch nicht mal halb voll. Fünf weitere Obdachlose sollen in einer Wohngemeinschaft in der Wormser Innenstadt unterkommen. Außerdem will die Stadt drei Wohnungen für zehn bis zwölf Menschen bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft vorhalten - für mögliche neue Unterbringungen.

Das Konfliktpotenzial schätzen Kissel und Herder für das Containerdorf als überschaubar ein. Zum einen werden die Obdachlosen aus der Hafenstraße in einem separaten Teil des Geländes untergebracht. Außerdem sei der ASB rund um die Uhr vor Ort. Und die Stadt habe den Sicherheitsdienst für das Containerdorf nochmals verstärkt. Der ASB sei informiert worden. „Das hat keine Befremdlichkeiten ausgelöst“, sagt Sozialdezernent Herder.

Die Bewohner des Erdgeschosses dürfen zunächst in der Hafenstraße wohnen bleiben. Hier gibt es für den Fall der Fälle Fluchtwege. Was saniert werden muss, stehe noch gar nicht fest, verweist Kissel auf die Aktualität. Das ehemalige Gebäude eines Industriebetriebs sei in Privatbesitz und von der Stadt angemietet. Ob der Vermieter überhaupt sanieren wolle, könne jetzt noch gar nicht gesagt werden.

Eine Alternative zur Umsiedlung habe es nicht gegeben. Auch wenn es keine konkrete Gefahr gebe: „Die brandschutztechnischen Mängel sind ein latentes Sicherheitsrisiko für die Bewohner“, sagt Herder. Es gebe aus den oberen Stockwerken keine ausreichenden Fluchtmöglichkeiten. Und Feuerlöscher und Brandmelder würden durch die Bewohner permanent zerstört.

Aufgedeckt worden seien die Mängel durch einen Berufsbetreuer, der die Stadt am vergangenen Dienstag darüber informiert habe. „Es hätte nicht mal ausgereicht, einen Feuerwehrmann 24 Stunden am Tag dort abzustellen“, erläutert der Dezernent die Dimension.

Bei der Jugendmusikschule zeichnet sich möglicherweise eine erfreuliche Lösung ab. Oberbürgermeister Kissel hat ein Gebäude im Visier, das die Schule wieder unter einem Dach vereinen könnte. Die Schulleitung und Wohnungsbaugesellschaft schauten sich das Haus gerade an, sagt Kissel, allerdings ohne die Adresse zu verraten. Die Stadt Worms besitzt insgesamt 380 Gebäude. Es könnte sein, dass der Brandschutz zum Dauerthema wird.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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