Viernheim. „Mein Vater hat eine Woche lang Zwiebeln geschnitten, säckeweise Zwiebeln.“ Stephan Schneider, Leiter des Kultur- und Sportamts, erinnert sich, welchen Aufwand die Ehrenamtlichen früher für das Viernheimer Innenstadtfest betrieben haben. Doch die Zeiten haben sich geändert – das wird beim Vereinsfrühschoppen deutlich. Fast alle Vereine haben Probleme, Helfer für das zwei- oder dreitägige Fest zu finden. Aber auch fast alle Vereinsvertreter wünschen sich, dass es mit dem Stadtfest weitergeht.
Schon beim jüngsten Vereinsfrühschoppen im März war intensiv über die städtischen Großveranstaltungen diskutiert worden. Das Thema steht deshalb erneut auf der Tagesordnung. Im Garten des Pfadfinder-Geländes diskutieren die Viernheimer, wie man künftig mit den Events umgeht.
Externe Gastronomen verpönt
„Das Innenstadtfest war früher die Gelegenheit, sich als Verein zu präsentieren, auf sich aufmerksam zu machen und dabei auch noch Vereinskasse aufzubessern“, erinnert Bürgermeister Matthias Baaß an die vielen Stände, die sich in der Innenstadt aneinander reihten. „Und es war undenkbar, dass fremde Gastronomen am Fest teilnehmen.“ Heute fehle es zunehmend an Manpower. Die Vereine könnten eigene Stände nicht bewirtschaften. „Wir haben ja darauf schon regiert und für das neue Stadtfest einzelne Plätze geschaffen, damit Vereine auch zusammenarbeiten können“, erklärt Baaß.
Doch auch beim Turnus „alle zwei Jahre“ haben die Vereine zunehmend Probleme. „Eigentlich macht das viel Spaß“, weiß Hans-Peter Kopp vom Verein Freiwillige Feuerwehr, „aber vor allem für die Nacharbeiten am Montag fehlen Helfer, weil viele wieder arbeiten müssen“.
Robert Toth (Eine-Welt-Kreis und Verein Martinshütte) gibt die Vorgaben für eine Teilnahme als möglichen Grund an, warum Vereine nicht mitmachen wollen. „Die Auflagen nehmen immer mehr zu.“ Der Schwimmverein hatte die Teilnahme am Stadtfest sogar auf seiner Jahreshauptversammlung beraten, von den Mitgliedern gab es wenig positive Resonanz: „Sie haben sich gegen das Stadtfest ausgesprochen“, meldet Heiko Krause in die Runde.
Moderator Harald Hofmann kann aber auch positive Erfahrungen notieren, etwa vom Tennisclub. „Wir sind 2022 kurzfristig eingesprungen“, berichtet Thomas Göck, „das war aber auch nur möglich, weil Getränkegondel, Biergarnituren und Gläser von der Stadt organisiert waren“.
Die KJG St. Michael hatte im vergangenen Jahr im Hof des Café Kempf eine Musiklocation aufgebaut. „Es war ein außergewöhnlicher Beitrag, auf den wir viel positive Resonanz bekommen haben“, sagt Nico Adamo – und regt an, den Vereinen mehr Individualität bei ihrer Teilnahme zu ermöglichen. So könne man vielleicht mehr Helfer und mehr Besucher animieren. „Jetzt fehlt ein bisschen die Begeisterung für das Stadtfest, die muss man neu entfachen“, wünscht sich Klaus Hofmann (Focus).
Langfristige Terminplanung
Ein Wunsch der Vereinsvertreter war eine langfristige Terminplanung. 2022 war der Termin für das Stadtfest kurzfristig festgelegt worden – das war allerdings Corona geschuldet. „Mit ausreichend zeitlichem Vorlauf kann man die Teilnahme stemmen“, sagt Stefan Martin (Schachclub), und Detlef Gläser vom CdG stimmt zu: „Die Feste in der Umgebung nehmen zu, die Viernheimer müssen planen können.“
Das Kultur- und Sportamt hat auch drei Terminvorschläge für 2024 vorbereitet: der 7. bis 9. Juni, der 21. bis 23. Juni – während der Fußball-EM – oder der 12. bis 14. Juli. An dem Wochenende mit EM-Finale starten auch die hessischen Sommerferien. „An diesen Terminen sind uns keine Viernheimer Vereinstermine bekannt, und es finden keine großen Feste in der Region statt“, sagt Jan Krasko. Von den Vereinen ist ein Feedback gewünscht.
Auch über den Viernheimer Fastnachtszug tauschen sich die Vereinsvertreter aus, weil es auch da Änderungen gibt. „Früher hatten wir viel mehr Motivwagen, die in wochen- und monatelanger Arbeit gestaltet wurden. Das hat abgenommen“, bedauert Matthias Baaß. Auch das ist zum einen auf fehlende helfende Hände zurückzuführen, aber auch auf Platzkapazitäten: „Wir haben keinen Unterstand für den Fastnachtswagen, in dem man den Wagen bauen und schmücken könnte“, nennt Frederick Lipp von den Großen Drei ein Beispiel. Das nimmt die Stadt als Anregung mit: Unterstandsmöglichkeiten schaffen, damit Vereine an Wagen basteln können. Dann könne man auch den schönsten Wagen prämieren.
Um es auch für die Teilnehmer schön zu machen, könnten Anwohner der Zugstrecke ihre Häuser schmücken – und wenn es nur ein paar Luftballons und Luftschlangen an den Fenstern und Hoftoren sind. Heinz Schlosser (Feuerwehr) wünscht sich, dass man die Möglichkeit schafft, auch noch länger nach dem Fastnachtszug in der Innenstadt zu feiern. „Es ist so schade, wenn um eine bestimmte Uhrzeit alle den Platz verlassen müssen.“
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