Viernheim. Was ist Geothermie, was passiert bei den Bodenuntersuchungen und was sind die Risiken dieser noch recht jungen Technik? Diese und ähnliche Fragen mussten Mitarbeiter der Firma Vulcan Energie Ressourcen GmbH aus Karlsruhe auf dem Viernheimer Wochenmarkt in der Schulstraße beantworten. Wie bereits berichtet soll in absehbarer Zeit das mögliche Vorkommen von Lithium in Viernheim erkundet werden. Die bei der Gewinnung dieses für die Herstellung von Batterien notwendigen Rohstoffs anfallende Erdwärme soll für das Heizen von Wohnungen und Firmengebäuden genutzt werden.
Im Fokus standen die Informationen über die vorgesehenen Bodenuntersuchungen in der Region, speziell die in Viernheim. Das Unternehmen plant die Lieferung von klimaneutraler Wärmeenergie aus Tiefengeothermie und die gleichzeitige Gewinnung von Lithium für die Elektromobilität aus dem genutzten Thermalwasser. „Es waren viele interessierte Bürger da, um sich über das Projekt und die Maßnahmen zu erkundigen. Die meisten davon waren offen gegenüber dem Thema und hatten sich schon zuvor schlaugemacht, stellten präzisen Fragen“ berichtet Thomas Bening, Regionalleiter Kurpfalz und Südhessen, von einem spannenden Dialog. Dabei ging es zunächst darum, was die Messungen für Auswirkungen auf die Gebäude der Stadt haben könnte. „Da können wir die Viernheimer beruhigen. Die Maßnahmen werden kaum zu spüren sein. Es ist so ähnlich, als wenn eine alte Straßenbahn vorbei fahren würde“ erklärte Ralf Jann die entstehenden Vibrationen.
Die Genehmigung des zuständigen Bergamts liegt vor. Demnach wird nur der Bereich von einigen hundert Metern rechts und links der Autobahn A 6 untersucht, denn das Stadtgebiet war vor einigen Jahren ja bereits mit einer 2-D-Technik erkundet worden.
Tiefengeothermie
- Als Tiefengeothermie bezeichnet man die Nutzung von Erdwärme in 400 bis 5000 Metern Tiefe. Im Vergleich zur oberflächennahen Geothermie sind die Temperaturen dort mit 160 bis 180 Grad weitaus höher.
- Neben der Wärmeversorgung ist Tiefengeothermie auch für die Stromerzeugung nutzbar. Ab einer Temperatur von etwa 90 Grad Celsius ist eine wirtschaftliche Stromerzeugung möglich.
- Bis heute sind nur wenige Anlagen, vor allem im Süden Deutschlands, in Betrieb. Entlang des Oberrheins werden vielfach Temperaturen gemessen, die sich auch für eine Verstromung eignen.
- In den Geothermie-Anlagen wird heißes Wasser aus tieferen Erdschichten gefördert, um deren Wärme zu nutzen.
- Im Oberrheingraben enthält das Thermalwasser Lithium, das aus dem warmen Wasser gefiltert werden kann. Laut Messungen enthält dieses Tiefenwasser zwischen 200 und 400 Milligramm Lithium pro Liter. Solche Werte finden sich auch in einigen Salaren, also Salztonebenen, in Südamerika.
Deutlich empfindlicher als der Mensch sind die gezielt ins Erdreich gesteckten Geophone. Das Vibrationsfahrzeug erzeugt im Abstand von 50 Metern Schallwellen, je zweimal für 30 Sekunden. Die mit moderner 3D-Seismik ermittelten Daten werden später ausgewertet, um die optimalen Standorte für eine nachhaltige und sichere Lithiumgewinnung aus Thermalwasser zu bestimmen.
„Je nach Ergebnis werden dann die Grundstücke für ein Geothermiekraftwerk ausgesucht. Dafür wird eine freie Fläche von sechs bis sieben Hektar benötigt, die wir dann erwerben. Die Anlage wird auch von uns betrieben. Die Wärmeenergie kann an die Stadtwerke abgegeben werden. Für das gewonnene Lithium haben wir bereits namhafte Abnehmer, hauptsächlich aus der Automobilbranche, gefunden“ schildert Ralf Jann die weitere Vorgehensweise. Als frühesten Start für die Bauarbeiten hat man das Frühjahr 2025 ins Auge gefasst. Schäden wie in anderen Städten, wo es Bodenabsenkungen und Risse in Hauswänden gab, schließen die Fachleute von Vulcan Engery aus. Dort seien große Fehler gemacht worden oder es wurde nicht klar nachgewiesen, woher die Schäden stammen.
Austausch mit Nachbarn
Bürgermeister Matthias Baaß war ebenfalls zum Informationsstand gekommen, auch um sich über das Interesse der Viernheimer zu erkundigen. „Die Firma hatte uns angefragt und über die Technik sowie die infrage kommenden Flächen informiert. Vom Regierungspräsidium lag die Genehmigung vor. Ich denke da an unser Blockheizkraftwerk am Essigzapfen, das mit Gas und Öl betrieben werden kann. Hier könnte auch Tiefenwärme genutzt werden“, so Baaß, der sich zeitnah mit Bürgermeisterkollegen der badischen Nachbarkommunen zu diesem Thema austauschen möchte. Wenn die Viernheimer Ergebnisse vorliegen soll es eine Informationsveranstaltung für die Bürger geben.
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