Viernheim. Vor dem dicken Baumstamm im finsteren Wald brennt ein Feuer und ein kleines Männchen tanzt drumherum: „Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hole ich der Königin ihr Kind. Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß!“ Und die großen und kleinen Zuschauer sprechen den bekannten Vers aus dem Märchen leise mit.
Eigentlich war die Aufführung von „Rumpelstilzchen“ schon 2020 im Veranstaltungskalender der Sparkassenstiftung gestanden und musste coronabedingt verschoben werden. Jetzt sorgt die Inszenierung für leuchtende Kinderaugen im Viernheimer Bürgerhaus. „Wir haben die Schulanfänger von einigen Viernheimer Kindergärten zu diesem Nachmittag eingeladen“, erzählt Stiftungsmitarbeiter Sebastian Sax. Auch Erwachsene lassen sich entführen in die Märchenwelt.
Das Theater „Mimikri“ steht für künstlerisch wertvolles Kindertheater und hat das beim Gastspiel in Viernheim unter Beweis gestellt. Die drei Darsteller – alle in einer Doppelrolle zu sehen – beweisen viel schauspielerisches Können, beziehen die kleinen Zuschauer mit ein und zeigen bei den Musikeinlagen, dass sie auch Instrumente beherrschen. Dazu kommt das tolle Bühnenbild, das sich auch dank der Lichttechnik vom prächtigen Palast zum dunklen Wald verwandelt.
Mit einem kleinen Schwindel fängt das Märchen an – da behauptet nämlich der tolpatschige Müller, gleich nachdem er über seinen Mehlsack gestolpert ist und von den Zuschauern ausgelacht wird, dass seine Tochter Marie tatsächlich Stroh zu Gold spinnen kann. Der Goldminister des Königs verkündet das gleich im Schloss. Und die Gier des wahrhaft goldigen Königs Konrad ist geweckt: „Liebe Kinder, liebes Volk – ich will Gold!“ singt er.
Er lässt die Müllerstochter zum Schloss bringen und baut ihr ein riesiges Spinnrad. „Oha“ entfährt es dem Publikum, als das Spinnrad hereingerollt wird. „Hier soll ich spinnen – ich glaub, ich spinne!“ sagt Marie, und doch bleibt ihr nichts anderes übrig, denn sie wird eingesperrt. Plötzlich ertönen Geräusche, rote und blaue Lichtblitze zucken, ein seltsames Wesen taucht auf. Es bringt das Spinnrad zum Laufen und spinnt tatsächlich eine Schale mit Goldfäden. König Konrad bekommt nicht genug, er lässt Marie nicht gehen und will noch mehr Gold. Dafür wird er sie heiraten.
„1,2,3, Kartoffelbrei“, versucht die Müllerstochter das Spinnen. Aber erst das komische Männchen setzt das Rad wieder in Gang. Aber nur für eine Gegenleistung: Es will Maries erstes Kind, „etwas Lebendiges“. Marie willigt notgedrungen ein und vergisst beim Hochzeitstanz und bei der Freude über die Geburt der kleinen Prinzessin Lotte völlig ihr Versprechen. Lotte wird im Schloss umhegt und umsorgt, ein richtiges Goldkind. Und das will sich das Männchen abholen. Eine letzte Chance bekommt Marie: Sie soll den Namen des Wesens herausfinden.
Ausgerechnet der Müller, der seiner Tochter mit seiner Lüge das Dilemma eingebrockt hat, belauscht im Finsterwald das Männchen bei seinem Feuertanz. Erleichtert erwartet Königin Marie das Männlein im Schloss. „Hammelwade, Franzbratwurst, Knäckebrot“ rät sie erst wild durcheinander. Und die Kinder im Publikum biegen sich vor Lachen, genau wie das Männlein auf der Bühne. Mit der guten Laune ist es aber vorbei, als die Königin den richtigen Namen nennt. Bei „Heißt du etwa Rumpelstilzchen?“ stimmen die Mädchen und Jungen auf den Besucherstühlen mit ein. Auf der Bühne wird das kleine Männlein zornig: „Das hat dir der Teufel gesagt“.
Aber anders als in der Grimmschen Vorlage gibt es ein gutes Ende für Rumpelstilzchen. Denn es bleibt im Schloss, bei Marie und Konrad und Lotte und muss nicht mehr allein im Wald bleiben. Das wird gefeiert – und zur Musik tanzen auch die Zuschauer begeistert mit. Und sie winken dem Rumpelstilzchen zu, das ja gar nicht gemein und böse ist, sondern etwas Wichtiges erkannt hat: Familie und Freunde und ein Zuhause ist viel mehr wert als alles Gold und alle Schätze der Welt.
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