Prävention

Viernheim setzt starkes Zeichen für mehr Sicherheit von Frauen

Rund um den Aktionstag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen gibt es eine ganze Veranstaltungsreihe in Viernheim – auch spezielle Kampftechniken zur Selbstverteidigung.

Von 
Astrid Schwörer
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Die Stadt Viernheim setzt auf kraftvolle Kooperationspartner und verschiedene Aktionen, um die Sicherheit von Frauen zu verbessern. © Astrid Schwörer

Viernheim. Es geht um die Sicherheit der Frauen in Viernheim: Zum „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ am Dienstag, 25. November, sind in der Stadt eine Reihe von Veranstaltungen geplant. „Wir nehmen den Aktionstag als Anlass, breit über das Thema zu informieren“, kündigt Maria Lauxen-Ulbrich, Gleichstellungsbeauftragte in Viernheim, an.

Die Zahlen und Fakten zur geschlechtsspezifischen Gewalt, die Lauxen-Ulbrich vorlegt, sind alarmierend. Aus dem Bundeslagebericht geht hervor, dass in Deutschland fast jeden Tag eine Frau oder ein Mädchen getötet wird. Im Jahr 2023 wurden 360 Frauen ermordet, es gab 578 versuchte Taten. Damit sind die Zahlen erneut auf einem Höchststand. Die Täter sind in erster Linie (Ex-)Partner oder Familienmitglieder. Im selben Jahr haben laut Bundeskriminalamt rund 180.000 Frauen häusliche Gewalt erlebt, im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl um 5,6 Prozent. Zudem ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen.

Krav Maga-Übungen nützen nicht nur dem israelischen Militär

Das Gleichstellungsbüro setzt sich seit vielen Jahren mit verschiedenen Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen ein. Dazu zählen Präventionsangebote, Aufklärungskampagnen und Veranstaltungen, die Frauen stärken und die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren. Mehr Sicherheit im Alltag und Selbstvertrauen in kritischen Momenten will der im September an der Volkshochschule gestartete „Krav Maga-Kurs für Frauen“ vermitteln. „Der Kurs ermutigt dazu, die persönliche Sicherheit aktiv in die Hand zu nehmen“, so Lauxen-Ulbrich. Ziel sei es, in bedrohlichen Situationen schnell und handlungsfähig zu bleiben.

„Wir haben die Idee gerne aufgegriffen und uns um die Umsetzung gekümmert“, versichert Stephanie Schmitt vom Amt für Kultur, Bildung und Soziales. „Der Kurs war innerhalb weniger Tagen ausgebucht, wir mussten sogar eine Warteliste anlegen.“ Das zeige, wie hoch der Bedarf an praxisnahen Selbstverteidigungsmöglichkeiten sei.

Beim Kurs geht es um Realität, nicht um schöne Technik

Mit Michael Linak vom Trainingszentrum „The Farm“ Lampertheim gebe es einen verlässlichen Partner. Er unterstützt das städtische Ordnungsamt seit Längerem im Konfliktmanagement. Krav Maga sei ein modernes, hochwirksames Selbstverteidigungssystem, das ursprünglich fürs israelische Militär entwickelt wurde. „Es ist für jeden gut erlernbar, da es auf natürlichen Instinkten beruht“, erklärt Linak. Die Teilnehmerinnen lernen, Gefahren zu erkennen, ihnen auszuweichen, und im Falle einer Eskalation richtig zu handeln. Das Training bestehe aus einfachen Techniken, die sich in vielen Situationen anwenden ließen.

„Bei Krav Maga werden die Angriffe in Winkel eingeteilt und die Abwehrgriffe darauf abgestimmt“, sagt der Kursleiter und bekräftigt: „Die Toolbox bleibt klein und ist in einer Notlage leicht abrufbar.“ Darüber hinaus kläre er Fragen zur Rechtssicherheit. Sein Eindruck nach den ersten Kurswochen: „Die Damen lernen schnell, bei vielen hat sich bereits die Haltung verbessert und sie gehen mit offeneren Augen durchs Leben.“

Einfach und wirkungsvoll: Carolina Bachenheimer-Schäfer und Kursleiter Michael Linak zeigen, wie effektiv das Krav-Maga-Training ist. © Astrid Schwörer

Carolina Bachenheimer-Schäfer ist eine der Kursteilnehmerinnen. „Bisher habe ich zwar noch keine schlechten Erfahrungen gemacht, ich habe mich aber immer gefragt, was passiert, wenn es zu einer unangenehmen Begegnung kommt. Ab und zu fühle ich mich unsicher und machtlos und wäre dann gerne vorbereitet“, erzählt sie. „Es geht im Kurs um Realität, nicht um schöne Technik.“ Die Viernheimerin bestätigt: „Jetzt weiß ich, dass ich mich wehren und schneller reagieren kann. Das gibt mir ein Gefühl der Sicherheit.“

Sind weitere Kurse geplant? Grundsätzlich sei ein regelmäßiges Training wichtig, bestätigt Linak. Im kommenden Semester werde es wieder einen Kurs geben, kündigt Schmitt für die Volkshochschule an. „Danach müssen wir schauen, wie der Bedarf ist und wie es weitergeht.“

Brötchentüten-Aktion und noch mehr Veranstaltungen

Auf Initiative des Gleichstellungsbüros stehen in den kommenden Wochen weitere Maßnahmen im Bereich „Sicherheit für Frauen im öffentlichen Raum“ an. Am 30. Oktober beginnt die kreisweite Brötchentütenaktion „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“ bei Viernheimer Bäckereien. Daran beteiligen sich neben der Tafel erstmals vier weiterführende Schulen. Auf den Tüten sind Anlaufstellen in verschiedenen Sprachen aufgedruckt.

Am 24. November ist im Internationalen Frauencafé der Film „Nur noch ein einziges Mal – It Ends With Us“ zu sehen, der den generationsübergreifenden Kreislauf häuslicher Gewalt thematisiert. „Wir sagen NEIN zu Gewalt gegen Frauen“: Zum Aktionstag am 25. November setzt die Stadt um 15.30 Uhr mit dem Hissen der Fahne am Alten Rathaus ein sichtbares Zeichen. Begleitend dazu fordert Helen Lenzen mit der Performance „Brake the Chains“ zum Mittanzen auf.

Mit der Winterzeit beginnt der Frauen-Nachtfahrdienst abends eine Stunde früher, um Frauen eine angstfreie Teilnahme am öffentlichen Leben zu ermöglichen. Lauxen-Ulbrich weist ferner auf das Hilfetelefon unter der Nummer 116 016 hin, das rund um die Uhr erreichbar ist. Wichtige Kontaktdaten sind online unter viernheim.de/leben-bauen-bildung/viernheim-fuer/gleichstellung.html zu finden.

Freie Autorin

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