Kommunalpolitik

Stadt Viernheim klagt gegen Stromautobahn

Viernheim zieht vor den BVG: Gegen den Trassenverlauf des künftigen Ultranet hat die Kommune vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Verfahren angestrengt - denn es geht viel Bauland verloren

Von 
Othmar Pietsch
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Westlich der Autobahn wird eine alte Leitung abgebaut – für eine neue auf bestehendem Gebiet. Gegen diesen Verlauf hat die Stadt Klage eingereicht. © Othmar Peitsch

Viernheim. Wer mit dem Auto entlang der Entlastungsstraße West fährt oder auf dem Rad- und Fußgängerweg nebenan unterwegs ist, dem dürften die Arbeiten an einigen Strommasten der Überlandleitung nicht entgangen sein. Schweres Gerät und Arbeiter sind dort im Einsatz, um eine Trasse zurückzubauen. In diesem Bereich soll in absehbarer Zeit die Überland-Stromtrasse Ultranet entlangführen. Gegen den Verlauf der Stromautobahn hat die Stadt Viernheim für ihr Areal Klage beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht, weil er Einfluss auf das Neubaugebiet Nordweststadt II hat. Es würden 20 000 Quadratmeter Bauland verlorengehen.

Erster Stadtrat Jörg Scheidel hat als zuständiger Dezernent über den aktuellen Stand informiert. „Das Planfeststellungsverfahren für den Abschnitt der Ultranetleitung, der auch Viernheim betrifft, wurde im Sommer 2023 gefasst. Damit hat die Amprion GmbH als Netzbetreiber die Möglichkeit, mit dem Rückbau von Leitungen zu beginnen. Die Stadt Viernheim hat vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Klage gegen die Bundesnetzagentur eingereicht, weil die Betroffenheit und die angemerkten Belange der Stadt im Planfeststellungsverfahren nicht ausreichend berücksichtigt wurden.“

Schwere Eisenplatten wurden für Lkw und Kräne verlegt. © Othmar Pietsch

Zusätzlicher Mast erforderlich

Hauptgrund für die Klage sei die seitens der Stadtverordnetenversammlung geplante Gebietserweiterung in der Nordweststadt II. Mit dem aktuellen Planfeststellungsbeschluss und geltenden gesetzlichen Vorschriften von Mindestabständen zu Hochspannungsleitungen wäre ein beachtlicher Teil der Wohnbaulandentwicklung der Nordweststadt II betroffen – und damit einhergehend wäre in dem einzuhaltenden Abstandsflächenkorridor kein „dauerhaftes Wohnen“ zulässig. Um dieses Problem zu lösen, schlägt die Stadt Viernheim vor, einen neuen Mast zu setzen und eine Verschwenkung der Trasse herbeizuführen, damit die Planungsabsichten der Stadt berücksichtigt und weitergeführt werden können.

„Die Nordweststadt II ist die letzte verbliebene Wohngebietserweiterungsfläche, die im Flächennutzungsplan dargestellt ist. Mit der bisher geplanten Trassenführung greift die Bundesnetzagentur in das Planungsrecht der Kommune und damit auch in die im Grundgesetz verankerte Kommunale Selbstverwaltung ein“, so Scheidel weiter.

Die Arbeiten, die derzeit stattfinden, dürfen ausschließlich mit dem Rückbau der Bestandsleitungen in Zusammenhang stehen. Die Stadtverwaltung überprüft dies regelmäßig und dokumentiert den Baufortschritt. Arbeiten, die entgegen dem Planfeststellungsbeschluss bereits ausgeführt werden, dokumentiert die Stadt ebenfalls für die Verhandlung vor Gericht. Die wird nach aktuellem Kenntnisstand noch in diesem Sommer stattfinden.

Auch Lampertheim klagt

Da ein Abschnitt der geplanten Starkstromleitung auch über Lampertheimer Gemarkung führt und wichtige Bauprojekte auszubremsen droht, hat die Stadt ebenfalls Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht. Auch hier wird der vorgeschriebene Abstand zwischen Stromleitungen und Wohnbebauung als Grund für die Klageeinreichung genannt.

Berechnungen zufolge könnten etwa im Lamperheimer „Gleisdreieck“ von dem 142 000 Quadratmeter großen Plangebiet nur 56 000 Quadratmeter bebaut werden. Das wäre weniger als die Hälfte. „Im langen Gräbel“ wäre nur noch die Hälfte der geplanten 96 000 Quadratmeter zu bebauen.

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