Triathlon - Bundesliga-Sportler des TSV Amicitia messen sich bei virtuellen Radrennen der „Zwift Tri Series“ / Mannschaft erreicht Spitzenplatz

Siege in den eigenen vier Wänden

Von 
Sandra Usler
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Eva Estler bekommt die Strecke auf dem Laptop angezeigt. Ihr Trainingsgerät ist mit dem Internet verbunden. © TSV Amicitia

Viernheim. Eva Estler fährt an grünen Wiesen und hohen Tannen vorbei und kämpft sich Kilometer um Kilometer den 700 Meter hohen Berg hinauf. Dabei bewegt sich die Triathletin des TSV Amicitia in Wirklichkeit nicht von der Stelle – das Radrennen findet virtuell statt. Die Athletin sitzt in den eigenen vier Wänden auf ihrem Fahrrad-Trainingsgerät, das mit dem Internet verbunden ist. So werden echte Radstrecken mit Steigungen simuliert. Die Bilder der computersimulierten Strecke sind zeitgleich auf einem Bildschirm zu sehen, so dass ansatzweise der Eindruck eines echten Radrennens entsteht.

Als Ersatz für Wettkämpfe, die coronabedingt nicht stattfinden können, messen sich viele Triathleten derzeit in virtuellen Radrennen. Das Bundesliga-Team des TSV Amicitia hat eine solche Rennserie absolviert. Bei der „Zwift Tri Series“ ging es in der virtuellen Welt „Watopia“ acht Wochen lang auf unterschiedliche Strecken. Mehr als 500 Triathleten aus ganz Deutschland und aus allen Ligen waren bei der virtuellen Radrennserie am Start, in die Wertung kamen 40 Männer- und 13 Frauen-Teams. „Wir sind erst auf den Wettbewerb gekommen, als das erste Rennen schon vorbei war“, erzählt Teambetreuer Peter Grüber. Athletinnen aus der Ersten und Zweiten Liga waren aber sofort begeistert und stiegen am zweiten Renntag in die Serie ein. „Es ist eine richtig gute Sache für die Mannschaft“, findet Grüber, „unsere Sportlerinnen, durch Hunderte Kilometer getrennt, sind trotzdem gemeinsam als Team am Start.“

Reduziertes Gewicht

Eva Estler, Delia Blaess, Raja Neumann, Kathrin Halter, Lena Gottwald, Simone Hofmann, Delphine Halberstadt, Leana Bissig und Emma Graf sammelten in den vergangenen Wochen gute Platzierungen für ihr Team. Nach der letzten Etappe wurden die Platzziffern ausgerechnet, die Streichergebnisse gelöscht – und der TSV Amicitia jubelte. In der vorläufigen Gesamttabelle steht Viernheim ganz oben, hauchdünn vor dem Frauen-Team aus Bargteheide. Eva Estler steuerte gleich zwei erste Plätze für die Wertung bei, auch bei der letzten Etappe in der simulierten Welt „Watopia“ fuhr sie wieder vorne mit. Weil sie so schnell war, konnte sie sich – ähnlich wie bei einem Computerspiel – sogar einen Vorteil erradeln. Sie sammelte eine Feder ein und fährt dann 30 Sekunden mit reduziertem Gewicht. Die moderne Rennrad-Rolle ist nämlich nicht nur mit Internet und Computer verbunden, sondern auch mit einem Powermeter ausgestattet. Die benötigte Leistung wird anhand des Gewichts berechnet. „In der Technik liegen die Tücken“, erzählt Grüber, „nicht alle Triathleten haben das notwendige Equipment zuhause, und nicht immer funktionieren die Verbindungen einwandfrei.“

Kein Wunder, dass sich die Triathleten danach sehnen, die virtuelle Welt zu verlassen und sich wieder auf der Straße und der Laufstrecke messen. Wann der reguläre Wettkampfbetrieb startet, ist noch nicht abzusehen. Eine Bundesliga-Saison mit Wertung wird nicht durchgeführt, es wird kein Mannschaftsmeister gekürt und es gibt keine Auf- und Absteiger. Trotzdem sollen Rennen stattfinden. Die ersten beiden Wettkämpfe, als Ersatz für die Veranstaltungen in Münster und Tübingen, finden virtuell statt – als Zwift-Radrennen und als dezentraler „Swim-and-Run“. Grüber erklärt: „Wir werden in den nächsten Tagen festlegen, wer für uns an den Start geht.“ Geplant ist außerdem, dass im August und im September noch drei reale Bundesliga-Rennen in Düsseldorf, Nürnberg und Saarbrücken stattfinden.

Virtuelle Wettkämpfe

Die „Zwift Tri Series“ ist eine virtuelle Triathlon-Radserie, in der Teams aus ganz Deutschland über acht Etappen einen virtuellen Meister ermitteln.

Nach diesem Modell wird auch die Triathlon-Bundesliga ein Rennen anbieten. Am 28. Juni um 10 Uhr messen sich die Teams in einem virtuellen Radrennen über eine Strecke von etwa 40 Kilometern.

Am 26. Juli folgt ein dezentraler „Swim-and-Run“-Wettbewerb. Die Teams absolvieren Schwimmen und Laufen in Sportstätten, die Zeiten werden zusammengerechnet.

Als Ersatz für den Triathlon-Cup Rhein-Neckar gibt es ebenfalls eine Serie mit virtuellen Radrennen auf den vier Original-Strecken.

Nach Mußbach, Ladenburg und Heidelberg steigt am 23. August das finale Rennen der Serie. Um 10 Uhr geht es virtuell von Hemsbach durch den Odenwald nach Viernheim, wo eigentlich der Triathlon hätte stattfinden sollen. su

Freie Autorin

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