Viernheim. Welcher Dirigent gibt freiwillig seinen Taktstock aus der Hand, damit Schüler „sein“ Sinfonieorchester dirigieren? Matthies Andresen im Bürgerhaus. Dort spielte das Sinfonieorchester Collegium Musicum Mannheim zusammen mit Schülern der Alexander-von-Humboldt-Schule „Der Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns.
„Wir haben das mal ausprobiert, Schüler haben Grundlagen der Schlagfiguren gelernt“, erklärte Andresen, der bis vor Kurzem einen Lehrauftrag fürs Dirigieren an der Musikhochschule Mannheim hatte. Das Orchester sei daran gewöhnt, dass Studierende auf Lehramt mit dem Fach Schulmusik probeweise dirigieren. Rozerin Yagiz, Lorena Metz und Julia Mandel schwangen bei einigen der 14 Teile der Komposition den Taktstock. Weiter gab es mit Noelle Friedel (Violoncello) sowie Veli Yildiz, Jana Gaspert, Mary Werner, Maks Koziarski und Sirkan Beyaztepe (Klavier) Solisten aus dem Gymnasium.
Außerdem spielte die Klasse 5a der Hauptschule Cajon und Handtrommel, die 6b des Gymnasiums Glockenspiel, die 10c der Realschule Percussion, die 11 des Gymnasiums Grundkurs Musik sorgte für Percussion, und einzelne Schüler trugen kurze Einleitungen zu den Teilen der Komposition vor. Diese heißen beispielsweise „Hühner und Hähne“, „Der Elefant“ und „Der Kuckuck“. Camille Saint-Saëns hat 1886 so komponiert, dass Instrumente die Stimmen der Tiere imitieren, etwa eine Klarinette den Kuckuck und ein Fagott Elefanten. Deswegen bangte der Franzose um seinen Ruf. Das Werk wurde erst nach seinem Tod veröffentlicht. Heute ist es sein bekanntestes.
Die rund 250 Zuhörer waren vom „Der Karneval der Tiere“ begeistert, die Akteure freuten sich sichtlich über den häufigen Applaus.
Das Konzert war sozusagen ein „Familienprojekt“: Anne Andresen arbeitet als Lehrerin für Musik und Geschichte in der Schule, ihr Bruder ist Lehrer am Gymnasium Lampertheim, und Mutter Angelika Andresen-Frohnert kümmerte sich um die Klasse 5a. Die 78-Jährige unterrichtete früher an der Musikhochschule Mannheim. Anne Andresen hatte im Amtsblatt die Ausschreibung gesehen, sich mit dem Projekt beworben und den Zuschlag erhalten. Es gab 7000 Euro Zuschuss.
„Seit ich 14 Jahre alt bin, mache ich mit meinem Bruder und meiner Mutter solche Projekte“, erklärt die Lehrerin, bei der die Fäden zusammenlaufen: Von allen Seiten kamen Menschen, um sich entweder zu bedanken oder Fragen zum Abbau des Equipments zu stellen. Sie betonte: „Ich wollte Schüler drankriegen, die normalerweise nichts mit Musik zu tun haben.“ Es gebe viele Grundschüler, die noch nie ein Instrument in der Hand hatten und klassische Musik nur kennen, wenn sie zufällig auf TikTok ein wenig davon hören.
Sie erzählte, dass eine Schülerin der 6. Klasse sie nach der ersten Probe gefragt habe: „Das war ganz toll, machen wir weiter?“. Ihre Antwort: „Ja, noch bis zum Konzert!“ Ihr sei auch wichtig gewesen, dass von der Gesamtschule von jedem Zweig eine Klasse dabei ist: „Wir ziehen alle an einem Strang.“ Andresen selbst möchte sich dafür bedanken, dass das Konzert in der Halle stattfinden konnte: Normalerweise proben am Montagabend dort andere Musiker, die mussten nun pausieren.
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