Musik - Abschlusskonzert der Pitkevica-Reihe mit dem Heidelberger Kantatenorchester

Schillernden Glanzpunkt gesetzt

Von 
Barbara Treichel
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Viernheim. Mit Superlativen soll man bekanntlich sparsam umgehen. Doch das Abschlusskonzert der dritten Viernheimer Kammermusikreihe hat ohne jeglichen Abstrich einen schillernden Glanzpunkt gesetzt. Als vor drei Jahren von der Initiatorin, der Geigerin Jeanette Pitkevica mit ihrer spontanen Mitstreiterin, der Stadt Viernheim die Reihe ins Leben gerufen wurde, gab es von Kennern der Musikszene durchaus auch Skepsis zu vermerken. Denn in Zeiten von Musical-Tempeln füllen Kammermusikkonzerte leider keine Säle mehr. Und die großen Festspiele oder Schubertiaden werden meist auch nur noch als gesellschaftliche Events gefeiert.

So stand wohl die Viernheimer Kammermusikreihe unter einem guten Stern. Allerdings hat die Kompetenz von Jeanette Pitkevica die Sterne in die richtige Bahn geleitet. Ihre immense Musikliteraturkenntnis und somit garantierte Vielseitigkeit der Konzerte und vor allem ihr Können, ihr Charisma waren für den Erfolg maßgebend. Berechtigterweise darf das Abschlusskonzert als Höhepunkt der gesamten Konzertreihen tituliert werden. Eigentlich als ein Open-Air-Konzert im idyllischen Heimatmuseumsgarten konzipiert, musste es aufgrund widriger Wetterprognosen im kleinen Saal des Bürgerhauses stattfinden.

Auf dem Programm standen dieses Mal Werke von Vivaldi, Haydn und Rossini mit Orchesterbegleitung. Diesen Part hatte das Heidelberger Kantatenorchester" mit Bravour übernommen. Es ist ein um 1960 gegründetes Orchester, dessen heutiges Repertoire nahezu die gesamte kirchenmusikalische Literatur und sinfonischen Werke umfasst. So richtig berühmt ist es als Festspielorchester der Schlossfestspiele Zwingenberg geworden.

Es setzt sich aus einem festen, erfahrenen und eingespielten Stamm von Berufsmusikern, Musikschullehrenden und Musikstudenten zusammen. Besetzt ist es ausschließlich von Streichern und Basso continuo (Cembalo), der Dirigent ist der erste Geiger, in Viernheim also Jeanette Pitkevica. Eingestimmt auf einen unvergesslichen Konzertabend wurden die Zuhörer mit Vivaldis Concerto Grosso in d-moll "L' Estro armonico" Op. 3, Nr. 11, ein Werk mit harmonisch schlichter, fast volkstümlich einfacher und prägnanter Akzentrhythmik, temperamentvoll interpretiert vom absolut homogenen Orchester und zwei Soloviolinen. Anschließend ein gelungener Sprung in die frühe Wiener Klassik zu Joseph Haydn: Konzert für Violine und Streichorchester in G-Dur, Hob. VII, Nr. 4. Hier war Jeanette Pitkevica die alleinige Solistin.

Mit ihr erlebte man einen kraftvollen Kopfsatz, der Kadenz verlieh sie Brillanz und Virtuosität, zart wie eine Arie das Adagio und schließlich ein reizvolles Finale mit Frage-Antwort-Spiel zwischen ihr und dem Orchester. Und welch geistreicher, witziger und graziöser Rossini wurde mit der Sonata Nr. 6 in D-Dur vorgetragen. Er ist eigentlich der Opernkomponist seiner Zeit, seine Kammermusiken und Orchestersuiten sind leider etwas in Vergessenheit geraten. Anschließend folgte noch der Vivaldi-Zyklus "Die Vier Jahreszeiten" op. 8 bestehend aus vier kompletten dreisätzigen Violinkonzerten. In diesen musikalischen Genre-Malereien hat Vivaldi so detailliert, so realistisch und naturalistisch komponiert, dass man eigentlich die Sonettzeilen im Programmheft nicht zu Hilfe nehmen musste, um die Naturschilderungen mit allen Sinnen wahrnehmen zu können.

Geradezu genial war das Violinspiel von Jeanette Pitkevica. In den drei Jahren, die man sie kennen- und schätzen gelernt hat, ist sie noch reifer, feinnerviger, dynamischer geworden, ausgesprochen intelligent und logisch ihre Phrasierungen, temperamentvoll und ausgefeilt die Bogenführung.

Sie ist wahrlich eine ganz große Interpretin geworden, die verständlicherweise international große Anerkennung bei ihrer regen Konzerttätigkeit errungen hat. Nach dem großen "Winter-Finale" von Vivaldi gab es von dem begeistertem Publikum Bravo-Rufe, standing ovations und langanhaltenden Beifall.

Freie Autorin

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