Ferienspiele - Knapp 20 Viernheimer Kinder verbringen spannenden Erlebnistag am Mannheimer Nationaltheater

Schattenjungen und Kulissenspione

Von 
Frank Kostelnik
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Blick hinter die Kulissen: Die Viernheimer Kinder durften erleben, wie es im Kostüm- und im Schuhlager des Mannheimer Nationaltheaters aussieht.

© Rittelmann

Viernheim. Beate Helmes und Gabriele Wagner hatten einen guten Draht zu Petrus. Bei strahlendem Sonnenschein stiegen sie mit einer erwartungsvoll gestimmten Gruppe von 12 Mädchen und sechs Jungen in die OEG ein, um im Nationaltheater Mannheim einen Erlebnistag der Sommerferienspiele zu verbringen.

Zuvor musste aber noch improvisiert werden: Ursprünglich sollte eine Aufführung des Stücks "Mozart in Moskau" der Jungen Oper besucht werden.

Wegen Verletzungen zweier Schauspielerinnen musste kurzfristig auf das Stück "Schattenjunge" ausgewichen werden. Das Besondere an diesem Stück ist aber, dass es nicht auf der Bühne des Schnawwl (in der Alten Feuerwache), sondern auf Anfrage in den Klassenzimmern von Schulen gespielt wird.

Erste Station Lessinggymnasium

Also stieg die ganze Gruppe am Theresien-Krankenhaus aus und gelangte nach kurzem Fußmarsch am Lessing-Gymnasium an. Hier musste kurzfristig der Klassensaal gewechselt werden, um auch die Viernheimer Ferienspieler aufzunehmen. Eine gute Gelegenheit, um die kurze Wartepause mit einem Picknick auf dem Schulhof zu überbrücken.

Im Klassenzimmer brannten David Benito Garcia und Sebastian Brummer vom Jugendtheater Schnawwl ein Brillantfeuerwerk ihrer Schauspielkunst ab. Da wurde mit dem Skate-Board gedüst und auf Tischen und Bänken herumgeturnt, dass es so richtig nach dem Geschmack der kleinen Theaterfans war. "Schattenjunge" des australischen Autors Finegan Kruckemeyer handelt von den Zwillingen Adam und Atticus Brown. Das Problem ist, dass Adam in der letzten Minute des Jahres 1999 und Atticus in der ersten Minute 2000 geboren wurde.

So sind sie so unterschiedlich, wie es Zwillinge nur sein können. Adam brettert mit dem Skateboard herum, hängt mit seiner Clique ab und ist sehr beliebt bei den Mädchen. Atticus ist auch sehr beliebt - aber bei den Lehrern.

Er liest viele Bücher, sammelt Pflanzen und bastelt Modelle historischer Mauern (Berliner Mauer, Chinesische Mauer). Atticus hat das Gefühl, dass, wenn sie beide nebeneinanderstehen, Adam einen viel längeren Schatten wirft. An seinem zwölften Geburtstag beschließt er, dass sich etwas ändern müsse, damit die Hänseleien auf dem Schulhof ein Ende haben. Er will genauso cool sein wie Adam.

Nacheinander führt er Pläne aus, bei dene er versucht, in die Identität seines Bruders zu schlüpfen, als Rapper auf dem Schulfest aufzutreten oder es dem Oberfiesling der Schule, Mike Tanner, im Mobbing seiner Mitschüler gleich zu tun.

Doch alle Pläne enden in kleinen Katastrophen, so dass die Geschwisterliebe auf eine harte Probe gestellt wird. Mit Hilfe Adams - der Atticus insgeheim bewundert - schafft er es, sich selbst anzunehmen, wie er ist, so dass ihn schließlich auch seine Mitschüler akzeptieren. Am Ende lächelt ihn sogar ein schüchternes Mädchen an.

Nun war es aber Zeit, schnell zum Nationaltheater zu laufen, um dort die Führung für "Kulissenspione" zu beginnen. Katharina Breuser erzählte den Kindern, dass das Mannheimer Nationaltheater 650 Mitarbeiter mit 80 unterschiedlichen Berufen beschäftigt. Estes Ziel war die Damenschneiderei, in der die vielen Kostüme für Schauspielerinnen und Opernsängerinnen genäht werden.

Rund 400 000 Kostüme gelagert

Da bei einer Oper auch bis zu 200 Statisten auftreten, verwundert es nicht, dass sich bis zu 400 000 Kostüme im Fundus des Theaters befinden. Den Höhepunkt der Führung bildete der Besuch der Bühne des Großen Hauses, bei dem man auch in den 26 Meter hohen Kulissenturm schauen konnte, in dem ganze Kulissen hochgezogen werden können.

Im Keller war ein echter Porsche 924 zu bewundern, der aber - gemäß des Theaterstücks - ziemlich zerknautscht war. Durch schmale Gänge ging es treppauf, treppab in die Schreinerei des Theaters, in der die vielen Skulpturen und Tierfiguren, die vorher im Fundus zu sehen waren, hergestellt werden. Schade, dass man in den großen Lastenaufzug des Theaters nur hineinsehen, nicht aber damit fahren durfte.

Am Ende der Führung verteilte Katharina Breuser an jeden "Kulissenspion" ein Zertifikat, in dem man das Gesehene nochmals nachlesen konnte. Auf der OEG-Fahrt zurück nach Viernheim hatten sich die "Ferienspieler" viel über die Erlebnisse im Theater zu erzählen.

Pünktlich um 15.15 Uhr konnten die wartenden Eltern am OEG-Bahnhof ihre Kinder wieder in Empfang nehmen. Sicherlich wird der nächste Theaterbesuch nicht lange auf sich warten lassen.

Freier Autor Geboren 1959 in Mannheim. Abitur 1978 ebenda. Lebt seit 1988 in Viernheim. Seit November 2013 freier Mitarbeiter des Südhessen Morgen

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