Viernheim. "Na gut. Ich bleibe, aber es wird für Dich die Hölle sein", giftet Patricia ihren Freund Christophe an. Das Versprechen hält sie. Sie bringt Christophe schier zum Verzweifeln. Und das begeisterte Publikum immer wieder zum Lachen. Die Theater AG der Albertus-Magnus-Schule feierte am Mittwoch Premiere der französischen Komödie "Venedig im Schnee" von Gilles Dyrek. Die Zuschauer zeigten sich von den Witzen und der schauspielerischen Leistung der Darsteller beeindruckt.
Auf der Bühne herrscht das reinste Chaos. Die Kulisse lässt erahnen: Jean-Luc (Sebastian Augspurger) und Nathalie (Mareike Pich) sind gerade erst in ihre Wohnung mitten in Paris eingezogen und die Renovierungsarbeiten sind noch voll im Gange. Aber Gäste sind trotzdem willkommen. Jean-Luc hat nach langer Zeit seinen besten Kumpel aus Uni-Zeiten, Chistophe (Andrej Vlajic), wieder getroffen und spontan eingeladen. Doch dessen Begleitung Patricia (Alina Kojek) ist nicht gerade glücklich, zu dem Treffen mitgeschleppt zu werden. Schnell wird klar: Während die Gastgeber ein total verliebtes Pärchen bilden, das sich ständig mit "Chouchou" anspricht und Patricia völlig auf die Nerven geht, stecken die Gäste in einer tiefen Beziehungskrise, die jeden Moment das Aus bedeuten könnte. Deshalb sagt Patricia kein Wort, weshalb wiederum Nathalie zu dem Schluss kommt: "Vielleicht ist sie gar keine Französin."
Damit ist das Missverständnis perfekt. Weil die Gastgeber mit Patricia nun extrem langsam sprechen, feindet diese ihren Freund Christophe an: "Hast Du ihnen erzählt, Du würdest ein Dummchen mitbringen?" Doch dann findet sie den wahren Grund heraus und sagt endlich ihre ersten Worte am Esstisch: "Ravach sla bad acar nevgol vorrspeisod." Am meisten überrascht ist Christophe. Und Patricia fängt der Abend nun doch an, Spaß zu machen - indem sie sich als Ausländerin ausgibt und damit ihren verwirrten Freund in den Wahnsinn treibt.
Nun ist Patricia gesprächiger. Mit vielen ihrer scheinbar osteuropäischen Worte und ein paar englischen Brocken macht sie den Gastgebern verständlich, dass sie aus "Chouwenien, Ex-Jugoslavia" stammt. Jean-Luc und Nathalie kaufen ihr die Geschichte ab - und geben nach und nach ihr Hab und Gut an Patricia: Weil sie Chouwenien für ein armes Land halten, drücken sie der "Ausländerin" Hilfsgüter - erst eine alte Decke, einen Pullover, ein T-Shirt - in die Hand. Bald erdreistet sich Patricia, direkt auf Dinge zu zeigen, die sie haben möchte. Das bringt Christophe dazu, endlich mit der Wahrheit herauszurücken und zuzugeben, dass er und seine Freundin die beiden anderen die ganze Zeit "verarscht" haben. Doch das naive Pärchen hat sich so tief in die Geschichte hineingesteigert, dass sie Chistophe nicht glauben.
Das Stück ist skurril, und doch entdeckt man in jeder Szene einen Funken Wahrheit. Hinter den oberflächlich erscheinenden Witzen steckt Gesellschaftskritik, die sich über Völkerverständigung lustig macht. Die Schauspieler und Regisseur Patrick Mertens haben die Originaltexte darüber hinaus mit ironischen Spitzen versehen. So freut sich Nathalie (deren Schauspielerin vor einem Jahr das Abitur absolviert hat), endlich ein T-Shirt ihres ehemaligen Arbeitgebers - der AMS - als Hilfsgut loswerden zu können, und Jean-Luc kommentiert: "Ich fand das alte Logo schöner." Auch auf den Lebensmittelskandal, der im Moment durch alle Medien geht, spielen sie an. Nathalie erklärt, aus was ihre "völlig vegetarische" Hauptspeise besteht: "Kein Pferd!". Patricia grinst: "Aha, Pferd: Hüa, hüa!"
Die vier Hauptdarsteller erbringen eine außerordentliche Leistung. Neben ihnen und dem Regisseur wirken an der Aufführung zahlreiche weitere Schüler sowie Ehemalige mit: 22 Kinder des Differenzierungs-Kurses "Erste Schritte auf die Bühne" spielen die Einleitung, in der sich Jean-Luc und Christophe zufällig treffen und spontan verabreden.
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