Hospizverein - Sterbebegleitung im Mittelpunkt des Ein-Personen-Stücks "Die Spieldose" mit Kristin Kunze

Neuer Zugang zu Tabu-Thema

Von 
Benedikt Mandel
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Viernheim. Trauer und ein Clown mit roter Nase passen auf den ersten Blick nicht so recht zusammen. Aber Dr. Kristin Kunze vereinte diese Gegensätze als Solodarstellerin des Ein-Personen-Stücks "Die Spieldose - wenn die Clownin Trauer trägt", aufgeführt in der Aula der Albertus-Magnus-Schule (AMS). Der Hospizverein suchte mit dieser Veranstaltungsform einen neuen und ungewöhnlichen Zugang zu einem gesellschaftlichen Tabuthema.

Die Mitglieder des Hospizvereins stehen Sterbenden und deren Angehörigen mit Krankenbesuchen und beratenden Gesprächen zur Seite. Außerdem beschäftigen sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Vereins besonders mit dem Thema "Trauerbewältigung". Deshalb lud der Verein Dr. Kristin Kunze ein, die dieses Aufgabenfeld auf der Bühne szenisch umsetzte, aufarbeitete und ihrem Publikum verschiedene "Trauertypen" vorstellte.

Reise durch ein Trauerland

Nach dem Tod ihrer Mutter begibt sich die Figur Sophia Altklug auf eine Reise durch ein Trauerland. Dort erfährt sie verschiedene Emotionen, die von Wut über Ohnmacht bis hin zu neuer Lebenskraft im Alltag führen. Zunächst erscheint der Clownin die ganze Welt grau und trist. Sie fühlt sich verloren und alleine. Auf einem Dachboden findet die Protagonistin verschiedene Gegenstände, die sie an vergangene Zeiten und das Verhältnis zu ihrer Mutter erinnern. Neben einem Akkordeon, auf dem die Mutter häufig spielte, einem Wackel-Dackel, der wie die Mutter nickend "zu allem ja und amen" sagt, taucht plötzlich eine Spieldose auf.

Die Melodie des Kinderspielzeugs bringt die Clownin zum Weinen. Durch Erinnerungen an die Mutter stürzt Sophia Altklug in ein "Meer voll Tränen", das ihr bald bis zum Halse steht. Heftig rudert die Darstellerin mit den Armen, und es gelingt ihr schließlich, durch dieses Trauermeer zu schwimmen. Dabei schlüpft sie in die Rollen bekannter Märchenpersonen wie beispielsweise das Aschenputtel, die ihren Frust und ihre Trauer mit viel Arbeit zu bekämpfen versucht und sich ihrer eigenen Gefühlswelt nicht stellt. In einem Gespräch mit dem Rotkäppchen rät die Märchenfigur zur Vorsicht vor dem Wolf. Dieser taucht auch plötzlich auf und droht die Clownin analog scheinbarer Ausweglosigkeit zu verschlingen.

Die Konfrontation mit den Trauerphasen scheint in auswegloser Tristesse zu münden. Aber die bewusste Beschäftigung mit diesem Thema, inklusive liebevoller Erinnerungen an die Mutter eröffnet vom Besuch am Grab weg die Chance für einen Neubeginn. Dieser schließt Erinnerung, Trauerbewältigung und den Blick nach vorne ein. So wird aus dem scheinbar unersetzlichen Verlust doch noch ein Gewinn für ihre weiteres Leben.

Viele Besucher dieses Theaterstücks erkannten selbst Parallelen zur ehrenamtlichen Arbeit im Hospizverein und bekamen damit einen zusätzlichen Ansporn für die nächsten schweren Begleitungen sterbender Menschen.

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