Viernheim. Wer das Akkordeon bisher nur aus der Volksmusik kannte, wurde beim Konzert im „Treff im Bahnhof“ (T.i.B.) angenehm von der Vielseitigkeit des Instruments überrascht. Beim „Fest für das Akkordeon“ trafen junge Talente der Musikschule auf eine hochkarätige Solistin.
Zunächst hieß es „Bühne frei“ für die Schülerinnen und Schüler. Das alljährliche Vorspiel ist eine gute Gelegenheit für die Nachwuchskünstler, einem größeren Publikum zu zeigen, was sie im Unterricht gelernt haben. Mutig wagten sich die 14 Solistinnen und Solisten der Musikschulen Viernheim und Heppenheim auf die Bühne. „Wir haben viel geübt“, hatte Eduard Ungefucht, der an beiden Schulen unterrichtet, bei der Begrüßung versprochen. „Bei uns wird nicht nur gelehrt, die Tasten zu drücken“, erklärte er und fügte hinzu: „Vielmehr ist Musikalität gefragt.“ Das Akkordeon sei ein komplexes Instrument und keine „Quetschkommode“, darauf legte er Wert.
Vom Kinderlied „Fuchs du hast die Gans gestohlen“ bis zu Bachs „Burre“ präsentierten die Jugendlichen im Alter von sechs bis 19 Jahren ein abwechslungsreiches Programm. Schwungvolle Tänze wie der Walzer „Im Kreis herum“ oder das folkloristische „Mexican hat dance“ waren ebenso zu hören wie das russische Volkslied „Streifchen“ und bewiesen die eindrucksvolle Klangvielfalt des Akkordeons. Viel Applaus verdiente sich Anton Schmenger mit der rasanten „Goldfisch-Polka“.
Die Jugendlichen der Musikschulen Viernheim und Heppenheim begegnen Akkordeonistin Sophie Herzog
Gemeinsam macht das Musizieren noch mehr Spaß. Das Ensemble spielte eine wunderbar lyrische „Winter-Dämmerung“. Bachs „Arioso“ kam in voller Schönheit zur Geltung und der muntere „Karneval in Rio“ setzte einen gelungenen Kontrapunkt.
Fast schon ehrfürchtig lauschten die jungen Musikerinnen und Musiker später dem Auftritt der international gefeierten Akkordeonistin Sophie Herzog, die mit ihrem künstlerisch anspruchsvollen Programm einen weiten Bogen spann und alle Facetten des Akkordeons in seiner ganzen Ausdruckskraft entfaltete.
Die 1998 geborene Musikerin lebt in Paris und studiert derzeit an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien bei Professor Grzegorz Stopka. Davor absolvierte sie ein Masterjahr am Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse de Paris. Zudem ist sie Stipendiatin des Cusanuswerks sowie von „Live Music Now Wien“ und gewann bereits unzählige nationale und internationale Wettbewerbe – darunter den renommierten Internationalen Akkordeon-Wettbewerb Klingenthal. Im vergangenen Jahr erhielt sie den „Maria-Ladenburger-Förderpreis für Musik 2024“.
Aus ihrer Konzertreihe „Ungehört“ habe sie Stücke mitgebracht, „die noch nie auf diesem Instrument gespielt wurden“, kündigte Herzog an. Dazu zählten unter anderem eine Klaviersonate von Beethoven und die ursprünglich für Cembalo geschriebene Händel-Suite No. 8. Mit technischer Brillanz und Feingefühl entlockte sie ihrem Instrument eine große emotionale Bandbreite. Die dynamischen Kontraste zwischen kraftvollen Läufen und sanft schwebenden Melodielinien zeugten von einem hohen professionellen Niveau. Besonders in den leisen Passagen konnte man die Spannung im Saal förmlich spüren, bevor der langanhaltende Beifall einsetzte.
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